Hauptsach gut gess.
(Aus dem Saarland)
Traumschleife Saar-Hunsrück
Litermont-Gipfeltour
Saarschleife
Wolfspark in Merzig
Völklinger Hütte
Traumschleife Saar-Hunsrück
An einem sonnigen Tag geht es in den Wäldern des ob seiner Ureinwohner wie Erich Honecker, Oskar Lafontaine und Peter Hartz bekannten Saarlandes auf eine Wanderung durch den Felsenweg bei Waldhölzbach – nein, den Ort kannten wir vorher auch nicht. Die Vielzahl der Markierungen auf dem sehr reizvollen und liebevoll gestalteten Wanderweg ist wohl deutschlandweit einzigartig: Durch das Anbringen von ca. 150 Hinweistafeln auf 14 Kilometern Länge wird es selbst unerfahrenen Wanderern ermöglicht, ohne Umwege am Ziel anzukommen.
Litermont-Gipfeltour
Die Litermont-Gipfeltour gehört zu den berühmten „Traumschleifen Saar-Hunsrück“ und ist mit knapp 9 Kilometern so kurz, dass selbst notorische Langschläfer sie ohne Zeitdruck meistern. Ausschlafen, Kaffee trinken und sich dann trotzdem noch als wilder Naturbezwinger fühlen. Ideal für alle, die gern Abenteuer hätten, aber bitte mit Pausen und ohne Blasenpflaster.
Unterwegs begegnet man allerlei Kuriositäten. Tümpel tragen Namen wie Froschparadies oder Schweinetränke; wobei unklar bleibt, ob die Namensgeber zu viel Fantasie hatten oder einfach hungrig waren. Ruhebänke heißen hier „Sinnesbänke“, was sofort die Frage aufwirft: Worin unterscheidet sich eine Sinnesbank von einer stinknormalen Holzbank? Vielleicht darin, dass man hier seine Sinne einschalten soll, anstatt nur sein Handy.
Dann wird es abenteuerlicher: Die „Himmelsleiter“ führt uns in Richtung Himmel (Spoiler: sie hört vorher auf), während die „Teufelsschlucht“ dafür sorgt, dass der Gegenverkehr aus der Unterwelt geregelt ablaufen kann.
Dazwischen liegt ein gesprengter Bunker aus dem Westwall, eine Erinnerung daran, dass es früher mal ernsthafter zuging als heute mit Selfie-Sticks und Funktionsjacken.
Über Holzstege und kleine Brücken geht es über den Piesbach, dann kommt der finale Aufstieg: Krabbeln, Klettern, am Seil festhalten. Der Abschnitt ist spektakulär genug, um sich wie Reinhold Messner zu fühlen, nur ohne Bart und ohne Yeti.
Auf dem Gipfel eröffnet sich ein Panorama, das einem fast die Sprache verschlägt: Der Blick schweift so weit ins Land hinaus, dass man glaubt, Frankreich liege nur einen Steinwurf entfernt. Leider serviert der späte Oktober einen eisigen Wind, der weniger Postkartenidylle als vielmehr sibirisches Klima ist. Und der Weidendom? Man könnte meinen, es wäre ein majestätisches Gotteshaus, ist aber in Wahrheit eine zugige Konstruktion aus 400 Weiden und 300 Birkenstämmen.
Der Abstieg führt durch das Felsenmassiv der „Mondsteine“. Klingt nach Science-Fiction, sieht aber eher nach Naturkundeunterricht aus; trotzdem ein würdiges Finale für eine Wanderung, die von allem ein bisschen hat: Idylle, Klettern, Geschichte, Humor und kalte Ohren.
Saarschleife
Neben der legendären Lyonerwurst – dem heimlichen Nationalheiligtum des Saarlandes – wartet das kleine Bundesland auch mit einem Naturwunder auf, das fast so ikonisch ist wie die Wurst selbst: der Saarschleife. Vor dieser malerischen Kulisse ließen sich schon zahlreiche Persönlichkeiten ablichten – vom Lokalpolitiker bis zum Influencer auf Heimatbesuch. Wer vom Aussichtspunkt „Cloef“ oder vom Baumwipfelpfad hinabblickt, hat das wohl berühmteste Postkartenmotiv des Saarlandes buchstäblich zu Füßen: ein Fluss, der sich so elegant windet, als hätte er für diesen Anblick extra Yoga-Unterricht genommen.
Wolfspark Werner Freund
Eine der schärfsten Attraktionen im Saarland – und das will was heißen – ist der Wolfspark Werner Freund in Merzig. Tier- und Verhaltensforscher Werner Freund lebte dort über 30 Jahre auf eine Weise, die man wohl als ungewöhnlich innig bezeichnen darf. Während andere Menschen in dieser Zeit ein Reihenhaus abbezahlen oder ihre Midlife-Crisis mit Motorrädern kompensieren, entschied sich Werner Freund schlicht, selbst zum Rudelmitglied zu werden.
Wer den Park besucht, kann Szenen erleben, die wie aus einer Naturdokumentation wirken: Ein Rudel versammelt sich zur Fütterung, ein Wolf bearbeitet konzentriert eine halbe Wildsau, während sein Nachbar aus dem angrenzenden Gehege sehnsüchtig durch den Zaun späht, als hätte er das Gefühl, im falschen Restaurant reserviert zu haben.
Der Wolfspark ist in seiner Form einzigartig. Hier lassen sich Wölfe aus verschiedenen Teilen der Welt beobachten und in ihrem Verhalten vergleichen. Europäische Grauwölfe aus Litauen, majestätische Polarwölfe, mächtige kanadische Timberwölfe und zähe mongolische Wölfe teilen sich das Gelände, jedes Rudel mit seiner eigenen Kultur, Dynamik und Charakter.
Kurzum: Der Wolfspark ist kein Zoo, sondern eher eine internationale WG mit Fell und Fangzähnen.
Zeitreise mit Rostpatina – Besuch in der Völklinger Hütte
Willkommen in der guten alten Zeit, als der Himmel noch voller Rauchschwaden hing und der Duft von Kohle die Lunge freihielt (oder eben auch nicht). Wir reisen zurück in die Blütezeit der Industrialisierung – genauer: in die Völklinger Hütte, wo die 1930er-Jahre konserviert sind wie ein Einmachglas, auf dem sich bereits Patina gebildet hat. Seit der Stilllegung 1986 ist hier fast alles im Originalzustand – nur die 17.000 Malocher fehlen, die damals aus Erz Eisen machten und sich dabei wahrscheinlich dachten: „Schön ist anders, aber immerhin warm.“
Wir stolpern durch die schummrigen Gänge der Möllerhalle (Indiana Jones hätte seine Freude), erklimmen die Aussichtsplattform am Hochofen (Fitnessstudio-Effekt inklusive) und bestaunen die morbide Pracht zwischen Eisen, Rost und Maschinen. Von der Gebläsehalle bis hinauf zum Hochofen, alles riecht förmlich noch nach Öl und Schweiß.
Der Komplex zeigt die komplette Story des Roheisens: vom Hantieren mit Rohmaterialien über die Kohle- und Eisenerzaufbereitung bis hin zum großen Finale im Hochofen, wo Erz und Kohle zu Eisen wurden. Höhepunkte der Tour sind die Sinteranlage (Rost deluxe), die Kokerei (Dampfgarer in XXL), die Gichtbühne (klingt nach Krankheit ist aber Stahlromantik) und natürlich der Hochofenabstich (Pyro-Feuerwerk für Leute, die Silvester lächerlich finden).
Und dann, die Krönung: die monumentale Gebläsehalle. Ihre gigantischen Schwungräder wirken, als könnten sie jederzeit wieder anspringen und uns zurück in die Zeit katapultieren, in der ein Lohnzettel zwar mager war, aber immerhin schwarz vom Ruß. Damals hieß es: Wer schwitzt, lebt. Wer hustet, arbeitet. Und wer Feierabend hatte, hatte einfach nur Glück.