Israel/ Westjordanland/ Jordanien

Bücher sind Zisternen; aus ihnen zu trinken muss jeder Mensch erst lernen.
(Sprichwort aus Israel )

Das beste Wissen ist das, was du kennst, wenn du es brauchst.
(Arabisches Sprichwort)

Reisejahr 2016

Israel – Westjordanland JordanienIsrael

Tiberias – Jerusalem und Ramallah – Westjordanland: Bethlehem Hebron Jericho (Wadi Quelt) – Jordanien: Amman – Wadi RumWadi Musa (Petra) –Israel: Tel Aviv

Das Einreiseprozedere am Flughafen von Tel Aviv dauert keine fünf Minuten. Die Bestätigung, dass ich niemanden in Israel kenne und als Tourist durch das Land reisen werde, reicht dem mürrisch fragenden Grenzer aus. Kurz darauf sitze ich im Zug nach Nahariya, einer Stadt am Mittelmeer im Norden von Israel.

Akko: ehemalige Stadt der Kreuzfahrer

Der Doppelstockzug zuckelt durch die Nacht. Ab und an hält er an verwaisten Bahnhöfen. Erst als die Stadt Akko in Sichtweite ist, wird aus Trostlosigkeit lebhaftes Treiben.

In Nahariya treffe ich Marc und wir fahren mit dem Mietwagen in die 20 Minuten entfernte ehemalige Kreuzritterstadt Akko. Zu Fuß erkunden wir die imposante Zitadelle, laufen durch unterirdische Templer-Tunnel, gehen in die Moschee, bummeln zum Hafen und auf der Stadtmauer entlang und feilschen um den Preis von frisch gepressten Orangensäften. Nach einem leckeren Meeresfrüchteeintopf, an den wir wegen seines ausgezeichneten Geschmacks noch bis ans Ende der Reise wehmütig denken werden, fahren wir in den Kibbuz Lavi am See Genezareth.

Festung in Akko in Israel
Festung
Templertunnel in Akko in Israel
Templertunnel
Im Kibbuz

Kibbuz Lavi wurde 1949 von Mitgliedern der britischen Bnei Akiva, einem Verband, dessen Mitglieder zum national-religiösen Spektrum gehören, gegründet. Das Hotel, in dem wir übernachten, ist ein Teil des religiösen Kibbuz.

Das traditionelle Kibbuzgefühl lernen wir am nächsten Morgen kennen: Gefrühstückt wird gemeinsam mit den Bewohnern im großen Speisesaal des Hotels in fröhlicher Atmosphäre und einem Büfett voller, vor Ort hergestellter Köstlichkeiten.

Wandern im Yehudiya Nationalpark

Ein wenig träge vom opulenten Frühstück brechen wir auf in den Yehudiya Nationalpark und wandern dort drei Stunden auf dem Zavitan-Trail. Der steinige Weg ist von Disteln gesäumt, führt quer durch eine Herde Kühe und vorbei an zwei Wasserbecken bis zu einem schmalen Wasserfall. Um zu unserem eigentlichen Ziel im Nationalpark, dem Meshushim-Pool, zu gelangen, müssen wir jedoch wieder ins Auto steigen. In der Winterzeit sind die Öffnungszeiten des Nationalparks kurz und die Wege für einige Wanderungen zu lang.

Basaltsäulen am Meshushim-Pool in Israel
Basaltsäulen am Meshushim-Pool
Meshushim-Pool-im-Yehudiya-Nationalpark-Israel
Meshushim-Pool

Eine halbe Stunde später stehen wir an einem von achteckigen Basaltsäulen gesäumten Wasserbecken. Die Umgebung ist idyllisch und wir bereiten uns auf den steil bergauf führenden Rückweg vor.

Die Golanhöhen

Weiter geht es auf dem Golan. Unterhalb des Vulkans Har Avital stoppen wir an einem Aussichtspunkt. Der Gipfel des Berges ist gespickt mit israelischer Spähtechnik. Während uns ein Audioguide die Geschichte des Jom-Kippur-Krieges von 1973 erzählt, blicken wir weit in das friedlich wirkende Syrien hinein. Während des Jom-Kippur-Krieges strebten Ägypten und Syrien eine Rückgewinnung der im Sechstagekrieg 1967 verlorenen Gebiete auf der Sinai-Halbinsel und den Golanhöhen an.

Blick über Syrien von den Golan-Höhen in Israel
Blick über Syrien von den Golan-Höhen
Ehemalige syrische Befestigungsanlage auf dem Gipfel Bental in Israel
Ehemalige syrische Befestigungsanlage auf dem Gipfel Bental

Eine Ahnung, was sich während des Krieges abspielte, erhalten wir bei unserem Stopp auf dem Gipfel des inaktiven Vulkans Bental, auf dem sich eine ehemalige syrische Befestigungsanlage mit Schützengräben, Bunkern und Maschinengewehrtürmen befindet.

Eisiger Wind schlägt uns entgegen. Der Weg zu den Unterständen ist von rostigen Figuren, die aus den Überresten syrischer Panzer gefertigt wurden, gesäumt. Aus Schrott geformte Soldaten knien, bereit zum Gefecht, auf einem Bunker.

Soldatinnen der israelischen Armee stehen im Halbkreis und hören einem Vortrag zu, einige posieren für Fotos mit Touristen. Lange halten wir es in der Kälte nicht aus. Nach einem Zwischenstopp in einem Brauhaus zum Aufwärmen fahren wir zurück.

Vor unserer Weiterreise am nächsten Morgen durchstreifen wir den Kibbuz. Nur wenige Häuser sind alte Holzhäuser aus der Gründungszeit. An einem Vorgarten bleiben wir etwas länger stehen: Auf jedem Quadratzentimeter stehen Gartenzwerge.

Die Synagoge befindet sich in einem gepflegten funktionalen Gebäude. Gemeinschaftshaus, Schule und Kindergarten sehen dagegen in die Jahre gekommen aus.

Der Schornstein einer Möbelfabrik pustet weißen Rauch in den Himmel. In der Nähe befinden sich Stallungen, von denen wir einen unverstellten Blick auf die Hörner von Hattin haben: Hier verloren die Kreuzfahrer 1187 weite Teile ihres „Königreiches Jerusalem“ und Jerusalem selbst.

Gartenzwergidylle im Kibbuz Lavi in Israel
Gartenzwergidylle im Kibbuz Lavi
Hörner von Hattin in Israel
Hörner von Hattin
Biblischer See Genezareth

Auf dem Weg nach Tel Aviv halten wir am See Genezareth, besuchen die Brotvermehrungskirche in Tabgha, in der die wundersame Brot- und Fischvermehrung bei der Speisung der Fünftausend stattfand, die daneben befindliche Primatskapelle (Tisch des Herrn); fahren nach Kapernaum, einem Ort, in dem Jesus lebte, predigte und Petrus kennenlernte und weiter auf den gut vermarkteten Berg der Seligpreisung, auf dem Jesus die Bergpredigt hielt.

Primatskapelle in Tabgha in Israel
Primatskapelle in Tabgha
Kapelle auf dem Berg der Seligpreisung in Israel
Kapelle auf dem Berg der Seligpreisung

In Yardenit, einer Taufstelle im Jordan, an der der Fluss den See Genezareth verlässt, nehmen wir als Zuschauer an einer Taufzeremonie teil. Ungefähr an dieser Stelle soll Johannes der Täufer Jesus getauft haben.

Eine Gruppe Asiaten in weißen Gewändern sitzt im Halbkreis am Taufbecken. Ihr Priester, der mit einem Neoprenanzug und einem weißen Gewand bekleidet ist, betet und singt. Zähneklappernd vor Kälte stimmt die Gruppe in den Gesang ein. Eine kurze Einweisung in das Ritual folgt: Nase zu halten, Augen zu und sich kurz und widerstandslos unter Wasser tauchen lassen. Bei einem besonders stämmigen Mann holt sich der Geistliche einen Gehilfen. Mit viel Kraft schaffen es die beiden, den Täufling unter Wasser zu drücken. Strahlend vor Glück taucht der frisch Getaufte wieder auf und umarmt weinend den Priester.

Gruppe von Täuflingen in Yardenit in Israel
Gruppe von Täuflingen in Yardenit
Yardenit-Taufe-im-Jordan-Israel
Der Täufling wird unter Wasser gedrückt
Jerusalem: die Stadt der drei Religionen

Nach der Rückgabe des Autos am Flughafen von Tel Aviv bringt uns ein Shuttlebus nach Jerusalem. Unser Zimmer in einem Hospiz ist im verkehrsfreien Ostjerusalem und so werden wir am Jaffa-Tor abgesetzt. Von dort sind es nur wenige Hundert Meter durch Marktgassen und enge Sträßchen bis zur Unterkunft. Zu unserer großen Freude haben wir vom Hospiz einen direkten Blick auf den Tempelberg und den Felsendom.

Der Eingang zum Tempelberg befindet sich an der Klagemauer. Wider Erwarten gibt es an der Sicherheitskontrolle keine Warteschlange. „Hast Du eine Bibel im Rucksack?“, fragt der Wachmann. Als ich verneine, können wir passieren.

Al-Aqsa-Moschee-Jerusalem-Israel
Al-Aqsa-Moschee
Felsendom-Jerusalem-Israel
Felsendom

Der Tempelberg ist für die drei Weltreligionen Judentum, Christentum und den Islam von herausragender Bedeutung. 600 Jahre nach der Zerstörung des vormals auf dem Berg stehenden zweiten jüdischen Tempels durch die Römer im Jahre 70 unserer Zeitrechnung nutzten Muslime diese Fläche und bauten die Al-Aksa-Moschee und den Felsendom auf das Plateau.

Die goldene Kuppel des Felsendoms leuchtet in der Sonne. Vor der Al-Aksa-Moschee sitzen auf der einen Seite eine Gruppe Frauen, auf der anderen Seite eine Gruppe Männer und diskutieren. Als Marc sich der Moschee nähert, kommt sofort ein arabischer Wärter angelaufen und raunzt ihn an: „Verschwinde!“

Nichtmuslimen ist das Betreten der Moschee und des Felsendoms seit dem Ende der Zweiten Intifada verboten. Aus Sicherheitsgründen werden zur Zeit des Mittagsgebets alle Touristen aufgefordert, den Tempelberg zu verlassen.

Klagemauer in Israel
Klagemauer
Betende an der Klagemauer in Israel
Betende an der Klagemauer

Die Klagemauer unterhalb des Tempelberges ist eine frühere Befestigungsmauer des zweiten Tempels und eine religiöse Stätte des Judentums. Männer und Frauen beten in getrennten Bereichen und stecken kleine Papierzettel, auf denen ihre Sorgen und Wünsche notiert sind in die Mauerritzen.

Um an die Mauer zu gelangen, müssen Männer eine Kippa tragen. Wer keine Kopfbedeckung dabei hat, erhält eine am Eingangsbereich. So ausgestattet können auch wir unsere Zettel mit Wünschen in eine Spalte stecken.

Vom Vorplatz der Klagemauer verläuft ein Tunnelsystem unter der Erdoberfläche und entlang der Mauer in Richtung Via Dolorosa. Führungen auf dem unterirdischen Weg sind schon Tage im Voraus ausverkauft. Unser Wunsch, Tickets für eine Besichtigung zu bekommen, geht jedoch sofort in Erfüllung. An der Kasse gibt es keine Warteschlange und die nächste Tour beginnt bereits anderthalb Stunden später.

Im Tunnelsystem befinden sich die im Lauf der Jahrhunderte überbauten Teile der einstigen Tempel-Befestigungsmauer. Riesige Quadersteine, von denen der größte ungefähr 500 Tonnen wiegt, geben der Mauer Stabilität. In einer kleinen Höhle befindet sich eine Synagoge, die es den Gläubigen ermöglicht, dem ehemaligen Tempel so nah wie möglich zu sein.

Der knapp 500 Meter lange unterirdische Gang verbindet die Klagemauer mit der Via Dolorosa, die Jesus auf dem Weg zur Kreuzigung begangen haben soll.

Wir folgen dem Leidensweg Christi bis zur Grabeskirche. Die Kirche ist Eigentum von sechs christlichen Konfessionen. Wer wann wo wie lange beten darf, ist genau geregelt. Trotzdem sind Streitigkeiten allgegenwärtig. Wegen der Auseinandersetzungen verwahrt seit Jahrhunderten eine muslimische Familie die Schlüssel der Kirche, eine weitere ebenfalls muslimische Familie, öffnet und schließt die Haupttür.

Das Grab Jesus befindet sich in einem kleinen Tempel unter der Rotunde der Grabeskirche. Wieder haben wir Glück. Die Warteschlange ist kurz und nach zehn Minuten betreten wir das Heiligtum.

Unweit der Grabeskirche befindet sich das Damaskus-Tor. Nur ein paar Schritte von dort entfernt liegt das Viertel der Ultraorthodoxen. Männer in schwarzen Gehröcken und mit Schläfenlocken eilen im Talmud lesend durch den Regen. An den Häuserwänden kleben Aufforderungen an Besucher, nur züchtig gekleidet durch das Viertel zu gehen. Obwohl wir den Kleidervorschriften entsprechend angezogen sind, sehen uns die Männer misstrauisch an. Unwohlsein macht sich in uns breit und wir verlassen das Viertel schnell wieder.

Damaskus-Tor in Jerusalem in Israel
Damaskus-Tor
Im Viertel der Orthodoxen
Im Viertel der Orthodoxen

Silvester verbringen wir im neuen Teil von Jerusalem, nehmen an einer einstündigen Führung durch die Knesset teil, durchstreifen das Israel-Museum auf der Suche nach den Schriftrollen von Qumran, bis wir sie im Schrein des Buches finden, und besuchen die eindrucksvolle Gedenkstätte Yad Vashem. Mit unseren Wasserflaschen, den Felsendom im Blick, stoßen wir um Mitternacht auf das neue Jahr an.

Neujahr beginnt für uns mit dem Umzug von einem Hospiz in ein anderes. Es stürmt und regnet. Die Temperaturen liegen knapp über 0 Grad, gefühlt jedoch weit darunter. Eine kurze Regenpause nutzen wir, um auf den Davidturm zu steigen. Der Wind ist jedoch so stark, dass wir nur mit viel Mühe auf der Aussichtsplattform vorwärtskommen.

Im Wiener Café des österreichischen Hospizes wärmen wir uns bei Apfelstrudel und Apfelpunsch auf und warten auf den Freitagruf des Horns, mit dem der Sabbat eingeläutet wird.

Unüberhörbar tönt das Horn. Auch wir folgen dem Ruf und machen uns auf den Weg zur Klagemauer, an der sich zum Beginn des Sabbats viele Gläubige einfinden sollen. Am Eingang drängen sich russische Mütterchen und Väterchen mit Pilgerausweisen eines Reiseveranstalters in der Hand. Aufgeregt schieben und drängeln sie durch den Checkpoint. Wir reihen uns ein und werden enttäuscht. Gerade einmal zwei Männer schaukeln vor der Klagemauer im Gebetstakt hin und her, während eine kleine Gruppe Gläubiger im Schutz der Arkaden singt. Mehrere Touristengruppen stehen verloren auf dem Platz. Wir gehen wieder.

Ausflug nach Ramallah

Regen, Kälte, Regen. Mit einem Minibus fahren wir nach Ramallah und vom dortigen Busbahnhof mit dem Taxi durch den nasskalten Dunst zur Muqataa, dem Sitz des Präsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde sowie dem Grabmal von Jassir Arafat (1929-2004), dem ehemaligen Vorsitzender der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) sowie von 1996 bis zu seinem Tod 2004 erster Präsident der palästinensischen Autonomiegebiete. 

Hell schimmert ein schlichtes, würfelförmiges Gebäude durch den Nebel. Meinen Rucksack muss ich am Eingang abgeben, nur die Mitnahme der Kamera ist erlaubt. Ein freundlich lächelnder Soldat der Präsidentengarde begleitet uns. Im hellen, schlicht wirkenden Mausoleum steht eine Ehrenwache hinter Arafats Grabstein, fotografieren ist erwünscht.

Gebäude der Muqataa
Muqataa
Ramallah-Arafat-Mausoleum
Mausoleum von Jassir Arafat

Die Rückfahrt nach Jerusalem verläuft so unkompliziert wie die Hinfahrt nach Ramallah: Am Checkpoint steigen zwei Soldaten ein, lassen sich die Pässe zeigen – fertig.

Der Regen hört kurz auf. Wir nutzen das Regenloch, wandern einen Kilometer zwischen dem Jaffa-Tor und dem Damaskus-Tor auf der Stadtmauer entlang und trödeln durch die verwinkelten Gassen der Altstadt.

Ein Araber lockt uns in seinen Imbiss. Marc fragt nach dem Preis für Lammkebab. „30 pro Gericht“, ist die Antwort. Hungrig, wie wir sind, nehmen wir das Angebot an. Mit dem Essen müssen wir uns allerdings beeilen. Auf die Schließzeiten wird von den israelischen Soldaten, die überall in der Altstadt präsent sind, geachtet.

Als wir bezahlen wollen, verlangt der Typ 450 Schekel (100 Euro). „Mit 30 waren US Dollar gemeint.“ Eine harte Diskussion beginnt. Der Araber schubst mit seinem dicken Bauch Marc in den Imbiss zurück. Der verlangt nach der Polizei, ein jüngerer Mann versucht zu schlichten. Der Alte wird aggressiver, Marc besteht darauf, dass die Polizei kommen und den Preis bestätigen soll, der Jüngere versucht die Gemüter zu beruhigen. Schließlich zahlen wir 200 Schekel für Mahlzeit und Tee. Die Araber sind stinksauer. Aber Soldaten stehen in Rufweite und so geht jeder seines Weges.

Bethlehem: Heimat von König David

Unter den Klängen der Orgel im Hospiz verlassen wir Jerusalem und reisen nach Bethlehem ab. Ohne Halt am Checkpoint fährt der Linienbus bis in die Stadt. 45 Minuten später checken wir bereits im Hotel ein, halten uns jedoch nicht weiter auf und fahren nach Hebron.

Beeindruckt vom Erlebten, kehren wir zurück nach Bethlehem. In der Nähe des Hotels kommen uns drei Pick-ups, beflaggt mit Fahnen der Fatah und Vermummten darauf entgegen. Parolen skandierend fahren sie vorbei.

Bummel durch Bethlehem

Nach einem Tee am nächsten Morgen gehen wir in die Geburtskirche. Der Eingang ist so klein, dass wir ihn fast übersehen hätten. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die ursprüngliche Pforte zu einem niedrigen Einlass verkleinert, sodass jeder, der die Kirche betritt, sich bücken und dadurch demutsvoll geben muss.

Der Hauptaltar ist zwar eingerüstet, aber dennoch gut zu sehen. Stufen führen hinunter in die Geburtsgrotte, in der sich unter dem Altar die Geburtsstelle, markiert durch einen silbernen Stern befindet. Gläubige liegen auf dem Boden, um den Stern zu küssen. Einige weinen.

Die durch einen silbernen Stern markierte Geburtsstelle
Die durch einen silbernen Stern markierte Geburtsstelle
Katharinenkirche in Bethlehem
Katharinenkirche

Wir beschließen, das AIDA-Flüchtlingscamp zu besuchen. Das Camp liegt im Schatten der acht Meter hohen Sperranlagen, die mit Graffiti besprüht sind, die politischen Protest und sozialkritische Kunst zeigen. Ein Schlüsselloch mit einem darüber liegenden, neun Meter langen und eine Tonne schweren Schlüssel, dem “Key of Return”, der das Rückkehrrecht der Palästinenser in ihre Häuser symbolisiert, ist der Eingang.

Kaum haben wir die Siedlung betreten, müssen wir fliegenden Steinen ausweichen. Wir sind unversehens in eine Gruppe spielender Kinder geraten, die sich zurückziehen, als sie uns sehen. Ein Stück laufen wir an der Sperranlage entlang: schwarze Wachtürme, die dem Betongrau der Mauer noch mehr Düsternis verleihen, Müllberge, soweit das Auge reicht. An einer Autowerkstatt spricht uns ein Mann an „Woher seid ihr?“ Als er Deutschland hört, strahlen seine Augen. „Mein Sohn ist zum Studium gerade nach Deutschland gereist.“

Sperrmauern und Wachturm
Sperrmauern und Wachturm
Graffitti an der Sperrmauer
Graffitti an der Sperrmauer

Von etlichen Häusern weht die Flagge der Fatah. In den Straßen ist nicht viel los, ein paar Kinder kommen und wollen mit meiner Kamera Fotos schießen, in einer Imbissbude stehen Erwachsene und diskutieren. Ein mit Obst und Gemüse beladener Pkw, der über Megafon seine Waren anbietet, fährt mehrmals an uns vorbei. Auf einer Mauer im Camp sind UN-Resolutionen und Bilder von Bewohnern, die im Kampf für die Freiheit Palästinas ums Leben kamen, abgebildet.

Jericho, Qumran und das Tote Meer

Mit einem Sammeltaxi fahren wir weiter nach Jericho. Diesmal sitzen wir zwei Stunden im Auto, ehe es sich füllt. Als dann immer noch ein Platz unbesetzt bleibt, zahlen wir 15 Schekel (4 Euro) zusätzlich und fahren endlich los.

Jericho, die angeblich älteste Stadt der Welt, ist überschaubar und staubig. Das Sommerhaus einer arabischen Kaufmannsfamilie aus Jerusalem, in dem wir ein Zimmer gemietet haben, liegt an einem Berghang, ruhig und in klarer Luft.

Ein Taxi bringt uns nach Qumran am Westufer des Toten Meeres. In den Höhlen des Ortes fanden Hirtenjungen 1947 Tonkrüge mit antiken Schriftrollen. Auch wenn diese im Museum in Jerusalem liegen, der Ort, wo sie gefunden wurden, interessiert uns. Der Anstieg hinauf zu einer der Höhlen ist steil und belohnt uns mit einer guten Sicht zum Toten Meer und einem Blick über die ausgegrabenen Ruinen der Siedlung aus antiker Zeit.

Blick auf Jericho
Blick auf Jericho
Badeanstalt am Toten Meer
Badeanstalt am Toten Meer

Die Sonne scheint, der Wind weht kalt. Von den 27 Grad Lufttemperatur ist nichts zu spüren. Trotzdem machen wir uns auf den Weg zum Toten Meer. Das baden wird wegen des Wellenganges jedoch zu einem schmerzhaften Unterfangen: Der Meeresboden ist steinig und scharfkantige Felsen liegen im Wasser. Trotz aller Vorsicht hat Marc ein paar Schürfwunden am Bein und mir fliegen meine nassen Haarspitzen in die Augen, was höllisch brennt und mich für einen Augenblick blind werden lässt. Nach drei Stunden reicht es uns und wir kehren zurück in die Herberge.

Wandern im Wadi Quelt

Von Jericho bis Jerusalem zieht sich das Wadi Quelt durch die Wüste. An einer Felswand über dem trockenen Flussbett klebt malerisch das Kloster St. Georg. Der Eintritt in das Kloster ist für Frauen nur mit Kleid oder langem Rock erlaubt. Ich habe Hosen an. Marc gibt mir sein Hemd, das er als Sonnenschutz trägt. Ich wickele das Hemd um die Hüften, verknote die Ärmel und schon habe ich einen Rock an, der akzeptiert wird.

Malerisch klebt das Kloster St. Georg an einer Felswand
Malerisch klebt das Kloster St. Georg an einer Felswand
Klosterkirche
Einsiedlerwohnung in den Felsen
Einsiedlerwohnung in den Felsen
Ein Schäfer sitzt unter einem Stein und spielt auf seiner Flöte.
Ein Schäfer sitzt unter einem Stein und spielt auf seiner Flöte.

Ein schmaler Hirtenpfad zieht sich vom Kloster durch das Wadi nach Jericho. In einem Felsen befinden sich zwei Fenster und eine Veranda, von der ein Korb herabhängt, mit dem Waren hochgezogen werden. Eine Leiter führt in mehreren Abschnitten zu der Felsenwohnung.

Zwischen den Felswänden taucht Jericho auf. Die Stadt selbst hat den Charme arabischer Städte und so gehen wir weiter zum Berg der Versuchung, an dem Jesus während seiner 40-tägigen Fastenzeit den Versuchungen des Teufels widerstand und fahren mit der Seilbahn hinauf. Gerade noch rechtzeitig vor der Schließung betreten wir das an einem Hang gelegene griechisch-orthodoxe Kloster Deir al-Quruntul. Diesmal wird meine lange Hose akzeptiert. Vom Balkon des Klosters wandern unsere Blicke über die Stadt bis zum Toten Meer. Am Horizont leuchten in der Abendsonne die Berge von

Jordanien.

Am Grenzübergang nach Jordanien gibt es zwei Abfertigungsgebäude: eines für Palästinenser und eines für Touristen und Palästinenser aus Ostjerusalem. Vor dem Gebäude für Palästinenser reiht sich kilometerlang Auto an Minibus. Es ist Donnerstag und viele sind auf Pilgerreise nach Jordanien. Wir hoffen, dass es am anderen Terminal entspannter zugeht.

Als Touristen dürfen wir mit einem Taxi direkt zum israelischen Abfertigungsgebäude fahren. Der reguläre Preis beträgt 50 Schekel (11 Euro). Der Fahrer, der uns in Jericho eingesammelt hat, stoppt an einem für diesen Zubringerdienst zugelassenen Auto. Mürrisch kurbelt der Taxifahrer das Fenster herunter. Mürrisch blickend wirft er unsere Rucksäcke in den Kofferraum. Dann verlangt er 100 Schekel (22 Euro). Das wollen wir nicht zahlen. Daraufhin wirft er wütend die Rucksäcke aus dem Auto. Sofort ist ein Soldat da, nimmt ihm seine Papiere ab und verschwindet damit.

Wir fahren zu einem anderen Taxi-Stellplatz, zahlen 50 Schekel, beantworten an einem israelischen Posten die obligatorische Frage nach Bomben oder Waffen im Gepäck und die eher seltene Frage in welcher Beziehung wir zueinander stehen und werden fünf Minuten später am israelischen Terminal abgesetzt. Dort zahlen wir jeder 50 US Dollar an Ausreisegebühr und steigen in einen Shuttlebus, der uns zur jordanischen Grenze bringt. Den Jordaniern reicht ein Blick in die Pässe und wir können einreisen.

Von Amman zur Felsenstadt Petra

Um nach Amman zu kommen, müssen wir ein Taxi nehmen. An der Altstadt von Amman hält der Fahrer. Weiter dürfe er nicht fahren, erklärt er uns, lässt uns aber nicht, wie befürchtet, einfach stehen, sondern bringt uns zu Fuß bis zum Hotel. Das liegt nur wenige Gehminuten vom römischen Amphitheater und der Moschee entfernt. Nach einer Besichtigungstour und einem Glas frisch gepressten Orangensaft kehren wir zurück in die Unterkunft.

Amphitheater
Antikes Amman

Sturm und Regen lassen uns nicht schlafen. Um 8.30 Uhr klopft es an der Tür: Das Frühstück wird serviert. Gemütlich ist es im Hotel und wir haben keine Lust abzureisen. Aber wir müssen los, wenn wir unser Ziel Petra noch erreichen wollen. Es ist Freitag und Minibusse fahren nur wenige an diesem Tag. Letztendlich sitzen wir bis zur Abfahrt zweieinhalb Stunden im Bus. Vier Stunden und 245 Wüstenkilometer später kommen wir in Petra an.

Wadi Rum: Filmkulisse für den Film „Lawrence von Arabien“

Den Besuch der alten Nabatäerstadt Petra verschieben wir wegen des miesen Wetters. Stattdessen kreuzen wir am nächsten Tag mit Jeep und Fahrer durch das Wadi Rum. Dort scheint die Sonne und lässt Berge und Wüstensand im bunten Licht schimmern. Bizarre Felsformationen laden zum Klettern ein, von Sanddünen genießen wir atemberaubende Blicke durch das breite Tal. Abwechselnd lenken auch wir den Jeep durch die fantastische Landschaft. Zum Abschluss halten wir an der Filmkulisse für den Film „Lawrence von Arabien“.

Felsformation im Wadi Rum
Felsformation im Wadi Rum
Felsformation im Wadi Rum
Felsformation im Wadi Rum
Felsformation im Wadi Rum
Felsformation im Wadi Rum
Filmkulisse für den Film "Lawrence von Arabien"
Filmkulisse für den Film „Lawrence von Arabien“
Felsenstadt Petra

Kein Regen und angenehme Temperaturen überraschen uns am nächsten Tag. Das Wetter ist ideal zum Besuch der Felsenstadt Petra. Zur alten Nabatäerstadt verläuft der Weg durch einen Siq, einer 800 Meter langen und 200 Meter hohen Felsspalte, die durch tektonische Verschiebungen entstand. Als wir um die letzte Kurve biegen, leuchtet uns das von der Sonne herrlich angestrahlte, 40 Meter hohe und 25 Meter breite Schatzhaus entgegen.

Wir folgen dem Weg in die Stadt. Monumentale Grabtempel und Wohnhöhlen reihen sich in den Felswänden aneinander. Nach einem etwas mühevollen Aufstieg über 756 Stufen erreichen wir den Opferplatz. Ruhig ist es hier oben. Eigentlich. Wenn da nur nicht ein Asiat mit seinem am Rucksack baumelnden, lautstark plärrenden Radio wäre.

Schatzhaus
Schatzhaus
Felsengräber
Felsengräber

Vorbei am Römischen Theater, der Königswand mit Urnengrab, Korinthischem Grab und Palastgrab nehmen wir die nächsten 800 Stufen in Angriff, die bergauf zum Felsentempel ad-Deir führen. Wieder taucht der Asiat mit seinem Radio auf. Marc eilt die Stufen hinauf, um dem Lärm zu entkommen.

Königswand mit Urnengrab, Korinthischem Grab und Palastgrab
Königswand mit Urnengrab, Korinthischem Grab und Palastgrab
Felsentempel Ed-Deir
Felsentempel Ed-Deir

39 Meter hoch und 47 Meter breit steht der Felsentempel vor uns. Bei arabischem Kaffee, frisch gepresstem Orangensaft und einem Sandwich, das hart gegen hungrige Katzen verteidigt werden muss, lassen wir die Gedanken in die nabatäische Vergangenheit schweifen.

Am nächsten Morgen verlassen wir Jordanien und kehren zurück nach

Israel.

Am Grenzübergang in Akaba herrscht gähnende Leere. Es scheint eine schnelle Ausreise zu werden. Wir zahlen 20 JOD (27 Euro) Ausreisegebühr, dann hakelt es doch noch. Der Einreisestempel fehlt. Irgendwo im Rucksack finde ich noch die Quittung über die israelische Ausreisegebühr. Auf ihr ist der Grenzübergang vermerkt und wir bekommen Ein- und Ausreise gleichzeitig in den Pass gestempelt. Alles hat wieder seine Richtigkeit.

Ein Schild heißt uns in Israel willkommen. Die Rucksäcke werden gescannt. Marc muss seinen Tagesrucksack auspacken. Als er die in Jerusalem erstandene Weihnachtskrippe auswickelt, fängt sie an „Stille Nacht, Heilige Nacht“ zu spielen. Sekundenlang ist es still, bis der Grenzer zu lachen anfängt und Marc einreisen lässt. Nun wird mein großer Rucksack gefilzt. Mehr und mehr wird ausgepackt, der Rucksack erneut durch den Scanner geschoben, weiter ausgepackt, bis er – nun schon leer – ein letztes Mal durchgeschoben wird. In der Hand der Grenzer bleiben sämtliche Printmedien und Ausdrucke, die ich dabei habe. Vor allem die Pilgerurkunde aus Bethlehem sorgt für Ärger. „Was steht hier?“, werde ich unfreundlich gefragt. Eine Vorgesetzte wird geholt. Die ist zum Glück entspannt und lässt sich kurz die Bedeutung der Urkunden erklären. Dann nickt sie freundlich und wir dürfen einreisen.

Ein Taxi bringt uns zum Busbahnhof nach Eilat. Der Bus nach Tel Aviv steht gerade zur Abfahrt bereit und nach fünf Stunden Fahrt durch die Negev steigen wir in Tel Aviv aus.

Tel Aviv: jung und modern

Die letzten zwei Tage verbringen wir bei herrlichem Sonnenschein in Tel Aviv, laufen am Strand entlang in den alten arabischen Stadtteil Jaffa, vertiefen uns in die Geschichte Israels bei Besuchen von Etzel-Museum und IDF-Museum (Israel Defense Forces) und schlendern über den Carmel Markt, dem größten Obst- und Gemüsemarkt der Stadt.

Blick von Jaffa auf die Stadt und das Meer
Blick von Jaffa auf die Stadt und das Meer
Tel Aviv
Tel Aviv

Um Mitternacht brechen wir auf zum Flughafen. Auf dem Bahnhof erklingen Klaviertöne. Beschallung für unruhige Wartende, denken wir. Ein Irrtum. Auf dem Weg zum Bahnsteig steht ein Flügel und jeder, der kann oder will, spielt darauf ein paar Noten.

Die Abfertigung am Flughafen verläuft schnell. Ich stelle mich neben jemanden, der offensichtlich wichtig ist. Ein Interviewer – ohne Interview gibt es keine Abfertigung am Schalter – gibt dem Mann neben mir ohne Kommentar ein Bändchen, das ihn zur Ausreise berechtigt und mir gleich mit. Schneller und unkomplizierter hätte es nicht laufen können.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner