Bücher und Freunde soll man wenige und gute haben.
(Aus Andalusien)
Reisejahr 2012
Barcelona – Alcaniz – Castello – Morella – Valencia – Xativa – Baeza/ Ubeda – Granada – Malaga
Das schmiedeeiserne Eingangstor des Mercat de La Boqueria ist weit geöffnet. In einem Meer von Farben liegen Obst, Gemüse, Fleisch und frischer Fisch an liebevoll dekorierten Marktständen. Es ist früh am Morgen, wir sind gerade angekommen und frühstücken in einem der Cafés in der Markthalle.
Auf der Flaniermeile Las Rambla, die lediglich von zwei schmalen Einbahnstraßen flankiert wird, bummeln wir durch die Altstadt zur weithin sichtbaren Kolumbussäule. Von dort ist es ein Katzensprung zum Hafen.
Als es uns zu heiß wird, fliehen wir in den kühlen Kreuzgang der Kathedrale im gotischen Viertel. Im dazugehörigen Garten mit Palmen und Magnolien leben dreizehn Gänse, die an die Heilige Eulalia – der Schutzpatronin Barcelonas – erinnern, die bei ihrem Martyrium dreizehn Jahre alt war und deren Reliquien in der Kathedrale aufbewahrt werden.
Nach einer chilligen Stunde ziehen wir weiter zur berühmtesten Baustelle Barcelonas, der Basilika Sagrada Familia. Türme, die wie kleckerndes Softeis aussehen, werden von Baukränen überragt. Die Formen der bereits fertiggestellten Fassaden, die der Geburt Christi, seinem Leiden und Tod gewidmet sind, fließen ineinander über.
Begonnen wurde der Bau der Basilika 1882 nach den Plänen des Architekten Francisco de Paula del Villar im Stil der Neugotik. 1883 wurde Antoni Gaudi als Architekt verpflichtet, gestaltete die Entwürfe um und gab dem Bauwerk seine Handschrift. 1926 starb Gaudi. An der Sagrada Familia waren zu dem Zeitpunkt vier der geplanten 18 Türme fertiggestellt. 2026, hundert Jahre nach seinem Tod und knapp 150 Jahre nach Baubeginn, soll die Basilika fertiggestellt sein.
Mit der Bahn fahren wir am nächsten Tag zum 40 Kilometer von Barcelona entfernten Berg Montserrat und mit der Zahnradbahn hinauf zum Benediktinerkloster Santa Maria de Montserrat. In dem in eine malerische Kulisse hineingebauten Kloster thront über dem Hochaltar die Statue der schwarzen Madonna – Pilgerziel und Schutzpatronin Kataloniens. Vor dem Eingang zur Kirche steht eine lange Warteschlange. Fast hätten wir uns eingereiht, bemerken jedoch rechtzeitig, dass es Gläubige sind, die zur schwarzen Madonna pilgern. Wir stellen uns nicht an und wandern zum höchsten Punkt des Montserratmassivs, dem Sankt Jeroni.
Der Parzival-Legende nach soll der Heilige Gral im Berg verborgen sein. Den Heiligen Gral finden wir nicht, dafür viele Stufen, die Richtung Himmel führen und erst unterhalb des Gipfels enden. Obwohl der Blick von oben über Katalonien fantastisch ist, halten wir es nicht lange aus. Der Wind, die nass geschwitzten Shirts – wir frieren.
Alcañiz
Mehrmals am Tag soll es eine Busverbindung nach Alcañiz geben. Tickets gibt es jedoch zu unserem Leidwesen nur für eine Verbindung am frühen Morgen.
Durch einsame Landstriche und die Hügel Aragoniens geht es nach Alcañiz. Plötzlich biegt der Bus von der Straße ab und fährt in eine Garage. Die von Tauben bevölkerte Halle mit vergammelter Cafeteria ist der Busbahnhof von Alcañiz.
Der Ort ist menschenleer, die Geschäfte sind geschlossen. Eine Geisterstadt. Nur ein Süßwarenladen hat geöffnet und so kommen wir wenigstens zu Wasser und Gebäck und der Information das heute Feiertag ist: Maria Himmelfahrt.
Über der Stadt thront die Klosterburg des Calatrava-Ritterordens Castillo de Alcañiz. In ihren Räumen befindet sich ein Parador, ein historisches Gebäude, in dem einst Könige, Fürsten, geistliche und weltliche Würdenträger schliefen und in dem auch wir übernachten werden.
Castellón / Morella
Mit dem ersten Bus verlassen wir Alcañiz Richtung Barcelona, um von dort nach Castellon weiter zu reisen. Vorerst stranden wir jedoch am Hauptbahnhof von Barcelona. Tickets für den Zug nach Castellón bekommen wir erst für 14 Uhr, davor ist alles ausverkauft. Beim Lümmeln auf dem Rasen vor dem Industriepark am Bahnhof bringen wir die Zeit herum.
Nach einer lanschaftlich schönen Fahrt an der Küste entlang, erreichen wir Castellón. Im Zentrum der Stadt stehen noch einige Adelshäuser, die nicht dem Spanischen Bürgerkrieg zum Opfer fielen. Lebhaft geht es vor allem am Hafen und an der Markthalle zu.
Von Castellón aus machen wir uns per Bus auf den Weg zu einem Halbtagesausflug nach Morella im Hinterland der valencianischen Mittelmeerküste. Obwohl die Straßen in den Dörfern gerade einmal Busbreite haben, klappert der Bus alle Ortschaften ab. Oft sind Einbahnstraßen für den ÖPNV freigegeben und so geht es äußerst gemächlich voran.
Morello ist schon von Weitem zu sehen: eine auf einem Felsenhügel thronende Burgruine, eingerahmt von weißen Häusern und der Stadtmauer. Von der Burganlage gibt es einen herrlichen Panoramablick auf die mittelalterliche Stadt und die Berge, die sie umgeben.
Von Morella wollen wir weiter nach Valencia. Dazu müssen wir jedoch mit dem Bus zurück nach Castellón fahren und dort in den Zug umsteigen. Der Bus fährt in Morello jedoch nicht dort ab, wo er angekommen ist. Obwohl wir eine genaue Wegbeschreibung haben, finden wir die Bushaltestelle erst nach langem Suchen: ein verschlossenes Garagentor, an dem ein DIN A 5 großer Fahrplan klebt.
Valencia
Der Umstieg in den Zug geht lückenlos und wir erreichen Valencia gegen Abend. Antike Straßenlaternen verteilen ein angenehmes Licht in der beginnenden Dämmerung. Das alte Flussbett des Rio Turia – der wegen seiner Überschwemmungen der Altstadt seit 1970 nicht mehr quer durch die Stadt fließt, sondern um sie herum – ist ein weitläufiger Garten, in dem sich in den kühlen Abendstunden Spaziergänger und Sportler verlustieren oder in einem der gemütlichen Cafés sitzen.
Am südöstlichen Ende gehen die Gartenanlagen in die Stadt der Künste und der Wissenschaften über: Funkelnd leuchtet das gläserne Kongresszentrum des britischen Architekten Norman Foster. Ein IMAX-3-D-Kino, ein sich einem öffnenden und schließenden Auge nach empfundenes Planetarium sowie das in Form einer Wasserlilie gebaute größte Aquarium Europas leuchten in der Dämmerung.
Die imposanten Sehenswürdigkeiten Valencias lassen sich hervorragend zu Fuß erkunden: Kathedrale, Platz der Jungfrau, Seidenbörse (UNESCO-Weltkulturerbe), Markthalle und Rathausplatz. Vieles ist saniert, nur einige weniger gelungene Lückenbauten stehen zwischen restaurierten Gebäuden.
Xativa
Von der Küste wechseln wir per Zug wieder ins Landesinnere nach Xativa. Die Stadt kann mit einem Superlativ aufwarten: Bereits im 11. Jahrhundert entstand hier die erste Papierfabrik des europäischen Kontinents. Das aus Stroh und Reis hergestellte Papier ist heute noch in Marokko als Xativi-Papier bekannt.
Am Fuß des Berges Vanissa, auf dessen Kamm eine riesige Festungsanlage thront, liegt die Altstadt mit vielen historischen Gebäuden und unzähligen Brunnen. Zur Burg hinauf führt ein Weg durch schattigen Wald, vorbei an Felsenkirchen, Kapelle, Eishaus und Wassertropfenhöhle. Der Aufstieg in der Hitze des Tages hat sich gelohnt. Von den Burgmauern haben wir einen bemerkenswerten Stadtblick und orientieren uns gleichzeitig über den anschließenden Altstadtbummel.
Umgeben von den Mauern der Altstadt streifen wir durch enge, verwinkelte Gassen, besichtigen die Kathedrale und das historische Zentrum mit königlichem Hospital, Palästen und Brunnen.
Den Tag lassen wir bei einer Flasche Wein und dem Blick auf die beleuchtete Burg und die Kapelle des Heiligen Joseph auf der Dachterrasse der Pension ausklingen.
Baeza / Ubeda
Weiter geht es ins Innere Andalusiens. Nach über sechs Stunden Fahrt und einem kontinuierlichen Anstieg der Temperaturen steigen wir in Baeza aus dem Bus aus. 40 Grad Celsius und menschenleere Straßen umgeben uns.
Das Leben in der Stadt beginnt um 18 Uhr. Läden öffnen, Leute bummeln durch die schmalen gepflasterten Gassen der im Renaissancestil erbauten Altstadt.
Nur zehn Kilometer entfernt von Baeza liegt Ubeda, mit einem ebenfalls im Stil der Renaissance gebauten Stadtkern. Obwohl die Quecksilbersäule des Thermometers bei 43 Grad verharrt, besichtigen wir die Stadt und spazieren durch die mit Kirchen, Palästen und Herrenhäusern reichlich ausgestaltete Altstadt.
Granada / Guadix
Eine Festungsanlage, die wir noch nicht besichtigt haben, ist das nächste Ziel: die Alhambra in Granada.
Für die Besichtigung der Alhambra haben wir vorab Tickets im Internet gekauft. Die Warteschlange vor den Kassen ist sehr lang und wir sind froh, dass wir ohne Anstehen die maurische Festungsanlage betreten können. Herrliche Paläste, die mit filigranen Stuckdekoren beeindrucken und wunderschöne Gärten mit Wasserspielen, welche die Luft erfrischen und die Hitze vergessen lassen, verlocken dazu den ganzen Tag hier zu verbringen. Leider ist ist die Besuchszeit limitiert.
Einen vernünftigen Stadtplan von Granada besitzen wir nicht und folgen einfach der alten Stadtmauer, bummeln an Wohnhöhlen vorbei und laufen unwillentlich in die Ausläufer der Sierra Nevada. Zur Erfrischung pflücken wir, obwohl wir von den Dornen wissen, ohne Handschuhe Kakteenfrüchte. Stunden später ist auch der Letzte der feinen Stacheln aus den Fingern gezupft.
Für den Rückweg orientieren wir uns am Tejo Diarro, einem Rinnsal, das in die Stadt fließt und dabei an sehenswerten Gebäuden wie den Ruinen eines Badehauses mit 21 Bädern vorbei fließt.
Bis zum Abend besichtigen wir noch die mächtige Kathedrale, deren Altar sich in einem reich verzierten Pantheon befindet und in deren Krypta die Grablege von Königin Johanna der Wahnsinnigen und ihrem Mann, dem schönen Philipp ist.
Den Sonnenuntergang verbringen wir im Arabischen Viertel mit dem wunderbaren Blick auf die in der Abendsonne rot leuchtenden Mauern der Alhambra.
Einen entspannten Tagesausflug von Granada entfernt liegt Guadix. Blendend weiße Fassaden und Schornsteine, die aus dem Boden zu wachsen scheinen, machen das Höhlenviertel im Süden der Stadt auch ohne Karte leicht auffindbar. Eine Wohnhöhle ist für Neugierige geöffnet. Das Klima darin ist angenehm kühl, die Zimmer sind klein, einziger Raum mit Fenster ist die Küche.
Malaga
Zum Abschluss der Reise wollen wir ans Meer. Der 9-Uhr-Bus soll uns nach Malaga bringen. Dieser ist bereits ausverkauft und so hocken wir anderthalb Stunden auf dem stickigen Busbahnhof herum.
Malaga empfängt uns mit einer angenehmen Brise. Der frische Wind lässt keine Müdigkeit aufkommen. Wir machen uns sofort auf den Weg durch die Stadt, besuchen die Kathedrale, das Geburtshaus Pablo Picassos, das dazugehörige Museum und wandern hinauf zur Alcazaba, einer Palastanlage aus dem 11. Jahrhundert.