Kameltrieb
Grauer Sand, soweit das Auge reicht. Die Sonne brennt. Skelette, die einst Kamele waren, liegen verstreut in der Wüste. Durch die staubige, trockene Landschaft von Nubien im Norden des Sudan führt die Route der Kamele und ihrer Treiber nach Ägypten. Der Kameltrieb ist für Tiere und Treiber sehr kräftezehrend und nicht alle Kamele halten die Strapazen aus. Sie werden zum Sterben zurückgelassen.
Am Horizont sind viele Punkte zu sehen, die immer näherkommen. Es sind Kamele, die zum Markt nach Ägypten getrieben werden. Von den fünf Treibern sitzen drei auf ihren Tieren, die anderen laufen neben der Herde her. Sie kommen auf uns zu. Einer winkt. Es ist keine freundliche Geste. Wir bleiben stehen. Erst vor wenigen Tagen wurden wir wegen der sichtbar getragenen Fotoapparate von Treibern in einem sehr aggressiven Ton beschimpft.
Je näher sie kommen, desto unheimlicher wird die Situation. Ihre Augen, in den von Wind und Sonne gegerbten Gesichtern, blicken abweisend. Im rauen Ton werden wir gefragt, was wir hier zu suchen haben. Jedenfalls wird es so übersetzt. Ich schlucke und frage, ob ich ein Foto machen dürfte. Eine abwehrende Handbewegung ist die Antwort.
Die Augen des Chefs blicken durchdringend. Mir wird flau im Magen.
„Zigaretten!!“, fragt er.
Für besondere Zwecke habe ich eine Schachtel dabei. Schnell hole ich sie aus dem Rucksack. Der Chef bleibt auf seinem Kamel sitzen, die anderen beiden steigen ab. Jeder bekommt zwei Zigaretten. Die Mienen hellen auf.
Schnell machen alle ein Foto. Schon fordert der Chef im barschen Ton seine Begleiter auf, wieder auf ihre Kamele zu steigen. Sie verabschieden sich mit einem freundlichen Nicken.
Voller Respekt, jedoch froh, dass die Begegnung beendet ist, sehe ich ihnen hinterher.