Deine Füße bringen dich von zu Hause weg, aber dein Magen bringt dich immer zurück.
(Sprichwort aus Sambia)
Reisejahr 2021
DR Kongo – Lusaka – Luambe-Nationalpark – South-Luangwa-Nationalpark – Livingstone – Botswana
„Gib mir Geld fürs Frühstück!“: Freundlich lächelnd blickt uns der Grenzbeamte, der gerade unsere Namen und die Passnummern in einer Kladde notiert hat, an. Auch die beiden kongolesischen Grenzwächter, die wir als ungebetenen Begleitservice an unserer Seite haben, kehren, obwohl wir bereits auf sambischem Boden sind, nicht um. „Ihr müsst unbedingt Kwacha tauschen. Sonst könnt ihr die Kopie des PCR-Testergebnisses nicht bezahlen“, nerven sie. Sie folgen uns bis in das Abfertigungsgebäude. Erst als sie realisieren, dass sie von uns kein Geld bekommen werden, egal was sie sich alles einfallen lassen, kehren sie in die DR Kongo zurück.
Das Einzige, was auf sambischer Seite bezahlt werden muss, ist das Visum. Sogar eine Quittung gibt es dafür. Vor dem Gebäude wartet Philip, der uns ins 500 Kilometer entfernte Lusaka bringen soll. Wegen der Entfernung und der sehr unregelmäßigen Busverbindungen haben wir von einer Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln Abstand genommen.
Der Grenzort Kasumbalesa ist auf sambischer Seite genau so wuselig, staubig und grau wie in der DR Kongo. Philip schleicht auf der gut ausgebauten Straße durch den Copperbelt: „Schneller fahren kann ich nicht. Es gibt überall Kameras und Blitzer.“ Als er in eine Verkehrskontrolle gerät, faucht er den Polizisten an: “Nerv nicht“ und gibt Gas.
In den Städten im Bergbaugebiet ist die Infrastruktur, anders als auf kongolesischer Seite, intakt, in den Dörfern stehen Häuschen mit massiven Mauern und Schulen. Auch hier lebt ein Teil der Bevölkerung von der Herstellung und dem Verkauf von Holzkohle.
Inzwischen ist es Mittag geworden. Uns knurrt der Magen. Philip hält an einer Einkaufsmall mit Wechselstube und Supermarkt. Als ich in der Wechselstube ein paar Euro in Kwacha tauschen möchte, raunzt mich der Geldwechsler an: „Warum?“ Verdattert sehe ich ihn an: „Weil ich im Supermarkt einkaufen will.“ Mit mürrischem Gesicht tauscht er die Euro gegen Kwacha.
Verkehrskontrollen und Blitzer werden immer weniger, je mehr wir uns Lusaka nähern. Am Straßenrand stehen Schilder mit der Aufschrift „Mautstationen sind korruptionsfreie Zonen“, Rinderherden grasen auf großen Weideflächen, hier und da ziehen Ochsen ihre Karren durch die Dörfer.
Im Luambe-Nationalpark
In Lusaka legen wir nur einen Übernachtungsstopp vor dem Flug nach Mfuwe im Osten Sambias ein. Mfuwe ist ein lang gezogenes Straßendorf und Tor zum South-Luangwa-Nationalpark. Von dort lässt sich unser Ziel, der Luambe-Nationalpark am besten erreichen.
Am Flughafen wartet bereits Ben, der uns in die einzige Unterkunft im gesamten Luambe-Nationalpark bringt. Vier Stunden geht die Fahrt durch breite, ausgetrocknete Flussbetten, Dörfer mit strohgedeckten Rundhütten, Moscheen, Kirchen und Läden, die Namen wie General Franco Store tragen, Waldsavanne und Uferwald. Paviane flitzen zwischen den Bäumen umher, Impalas schauen kurz auf und grasen weiter. Am Eingang zum Luambe-Nationalpark nimmt Ben ein Gewehr entgegen: „Das ist für den Ranger, der euch bei den Fußsafaris begleiten wird.“
Im Camp
Das Camp liegt am Ostufer des Luangwa Flusses im dichten Uferwald. Nach einem herzlichen Empfang erhalten wir von Lamek, dem Guide, eine Einführung in die Abläufe: „Ihr seid die einzigen Gäste. Ihr entscheidet, wann ihr welche Aktivität unternehmen wollt. Zur Morgensafari gibt es einen kleinen Snack, wenn ihr von der Safari zurückkommt, steht ein Frühstück bereit, gegen 13 Uhr ein leichter Lunch, um 15.30 Uhr gibt es den High Tea (Tee, Kaffee, Kuchen) und nach der Abendsafari ein 3-Gänge-Abendessen.“
Es ist bereits 15 Uhr und bevor wir mit dem High Tea starten, beziehen wir noch schnell ein komfortables Wohnzelt am Flussufer. Mittelpunkt des Zeltes ist ein großes Doppelbett mit einem herrlichen Blick auf das Wasser und die sich dort tummelnden Flusspferde. Ihr Lachen und Grummeln wird uns die nächsten Tage und Nächte begleiten.
Nach dem High Tea beginnt der erste Game Drive. „In diesem Nationalpark leben nicht so viele Tiere. Es gibt Elefanten, Giraffen, Löwen und Leoparden, aber sie sind nur selten zu sehen“, entschuldigt sich Lamek. Wir versichern ihm, dass wir davon wissen und die Lodge wegen ihrer abgeschiedenen Lage ohne WiFi und Mobilfunkempfang gewählt haben.
Eine Elefantenfamilie kreuzt unseren Weg. Wir folgen ihr eine Weile, bis sie im Wald verschwindet. Nur ein Elefantenbulle bleibt zurück und beobachtet uns. Die Sonne geht unter. Lamek parkt das Safarifahrzeug in der Savanne, holt einen Tisch hervor, deckt ihn mit einem weißen Tischtuch ein und serviert Snacks sowie diverse alkoholische Getränke. Wir entscheiden uns für südafrikanischen Wein und sehen begeistert der zwischen den Wolken verschwindenden Sonne zu.
Zum abendlichen Game Drive ist immer ein Beifahrer im Auto. Wortlos schwenkt er in der Dunkelheit einen leistungsstarken Scheinwerfer hin und her. Als Ausbeute entdecken wir eine Eule und ein Chamäleon.
Im Camp werden wir wieder herzlich empfangen, das 3-Gänge-Menü ist bereits angerichtet. Anschließend sitzen wir noch Tee und Wein trinkend am Lagerfeuer und plauschen kurz mit Ben: „Das Camp ist nicht umzäunt. Wenn ihr bei Dunkelheit ins Zelt wollt, wird euch ein Wächter den Weg leuchten. Hier sind Kamerafallen aufgestellt, um die Tiere zu beobachten, die nachts an unser Wasserloch kommen. Mal schnell hinter die Bäume hüpfen geht nicht.“
Um 5.30 Uhr klingelt der Wecker für einen Bush-Walk. Vor dem Zelt steht der Wächter bereit, um uns zum Hauptbereich zu bringen. Dort gibt es einen Snack, Tee und Kaffee. Mit Lamek und Moses, einem bewaffneten Ranger, der bei Fußsafaris vorgeschrieben ist, machen wir uns auf zu einer vierstündigen Wanderung am Ufer entlang.
Zwei Flusspferde grasen an der Böschung. Als sie uns wahrnehmen, verschwinden sie sofort im Wasser. Wir gehen hinunter zum Strand. Laut schnarchend liegt ein Hippo im Sand. Lamek schnalzt mit der Zunge. Plötzlich steht der Koloss auf, läuft zwei Schritte, bleibt stehen, läuft und steht wieder. Als sei er in Gedanken, stapft er ins Wasser. Drei Krokodile die unweit von ihm am Strand liegen, zeigen sich unbeeindruckt.
Zum Ende der Wanderung steht ein gedeckter Tisch mit Tee, Kaffee und Muffins als Energiespender am Ufer, direkt vor einem Hippo-Pool. Das Auto ist für uns nicht sichtbar geparkt, die Überraschung perfekt. Nach der Rückkehr ins Camp gibt es ein englisches Frühstück, dann ist Freizeit bis zum High Tea, unterbrochen nur vom leichten Dinner.
Endlich kommen wir dazu, den traumhaften Blick vom Bett auf den Fluss zu genießen. Am gegenüberliegenden Ufer rutscht ein Nilpferd die Böschung hinab und platscht ins Nass, behutsamer folgt ein zweites, aber erst das Dritte ist so bedächtig, dass es geräuschlos im Fluss landet. Fischer in schmalen Kanus ziehen Reusen aus dem Wasser, einer paddelt vorsichtig an eine Gruppe Flusspferde heran. Der Kot der Hippos lockt viele Fische an und diese wiederum neben den Fischern auch Krokodile, von denen es hier viele gibt.
Beim High Tea drängt Lamek, alle weiteren Touren bereits jetzt zu verabreden: „Die Saison geht nur von Mai bis Oktober, dann beginnt die Regenzeit und das Camp ist nicht mehr zu erreichen. Ich bin Freiberufler und werde für jede einzelne Tour bezahlt. Ihr seid wegen Corona erst die zweiten Gäste in diesem Jahr.“ Wir vereinbaren für jeden Tag einen Game Drive am Nachmittag und für morgens abwechselnd Game Drive und Wanderung. Nur den morgendlichen Safaristart verschieben wir um eine Stunde nach hinten.
Die vier Tage Aufenthalt vergehen wie im Flug. Auf den Touren begegnen wir Giraffen, Elefanten und vielen Impalas. Störche, Pelikane und Marabus tummeln sich zuhauf an einem See. Während die kleineren Störche fischen, warten die Marabus darauf, ihnen den Fang abzujagen.
Die Sundowner genießen wir am Luangwa, beobachten die Flusspferde und ihren Nachwuchs beim Dösen im Wasser, lauschen ihren Unterhaltungen und sehen der Sonne zu, wie sie rot glühend im Fluss versinkt. Abends sind Ginsterkatzen und Zibetkatzen auf der Jagd nach kleinen Wirbeltieren unterwegs, eine Puffotter kriecht über die Piste. Wir genießen die perfekt bis ins kleinste Detail durchdachten Arrangements.
Im South-Luangwa-Nationalpark
Ein Camp im tierreichen South-Luangwa-Nationalpark ist das nächste Ziel. Die Abläufe und ihre Uhrzeiten sind dieselben wie im Luambe Camp. Wieder treffen wir zum High Tea ein, beziehen noch schnell ein geräumiges Safarizelt, dessen großes Doppelbett einen beeindruckenden 270-Grad-Blick auf den Fluss Luangwa freigibt und starten mit Geoffrey, dem Guide, zum Game Drive.
Im dichten Gestrüpp entdeckt Geoffrey ein gerissenes Impala, vom danebenliegenden Leoparden ist nur das Hinterteil zu sehen. Nur wenige Minuten später stehen mehrere Safariautos vor dem Dickicht. Daran müssen wir uns, nachdem wir im Luambe-Nationalpark die einzigen Gäste waren, erst einmal gewöhnen. „Lasst uns später wiederkommen und sehen, was passiert“, Geoffrey fährt weiter und hält an einem mit Algen überwucherten See. Er zeigt auf die Hippo-Ohren, die aus dem Wasser lugen: „Die Flusspferde brauchen zum Grasen nicht einmal das Wasser zu verlassen.“
Nach dem Sundowner auf dem weiten Grasland kehren wir zurück zu dem Leoparden und seiner Beute. Wie erhofft, erhebt er sich, kommt auf uns zu, biegt ab und legt sich in einen schmalen Graben. Geoffrey blickt um sich: „Das ist ein Weibchen. Da muss gleich ein Männchen kommen.“ Kurz darauf taucht tatsächlich ein Männchen auf und nagt am Kadaver. Mittlerweile haben sich ein paar Hyänen angeschlichen. Eine springt auf das Aas zu. Blitzschnell klettert der Leopard mit dem Impala auf den Baum. Die Hyäne kann gerade noch ein Bein erhaschen, was ihr von einer anderen sofort streitig gemacht wird. Immer wieder versuchen sie an das Fleisch zu kommen, aber der Leopard hat es in eine Astgabel gezogen und liegt lauernd davor.
In der Nacht sind neben den Elefanten auch Hippos im Camp unterwegs. An ihr Grunzen haben wir uns jedoch längst gewöhnt und schlafen hervorragend. Zur Morgensafari fährt Geoffrey als Erstes zu den Leoparden. Das Männchen liegt fressend auf dem Ast. Seine Zähne schaben an den Knochen. Das Weibchen liegt unter dem Baum und bettelt um Futter. Er zeigt sich wenig beeindruckt und behält lieber uns knurrend im Auge.
Auch der abendliche Game Drive hält spannende Tierbeobachtungen bereit. Auf der Zufahrt zum Camp steht plötzlich ein Elefant. Langsam läuft er frontal auf das Auto zu und bleibt unmittelbar davor stehen, sieht uns tief in die Augen und verschwindet im Busch. „Danke für eure Ruhe“, blickt uns Geoffrey lachend an.
Verwesungsgeruch wabert durch die Luft. Am Ufer eines Sees liegt ein totes Flusspferd. In selten friedlicher Gemeinsamkeit relaxen zwei Löwen auf der einen Seite und ein Krokodil sowie eine Hyäne auf der anderen Seite des Kadavers. Mir wird von dem Gestank übel. „Wir kommen morgen wieder und sehen, was passiert ist. Außerdem ist hier nicht der richtige Platz für den Sundowner“, findet Geoffrey und wir stimmen ihm zu.
Das frühe Aufstehen fällt uns immer schwerer. Aber die Tierwelt lockt und wir werden auch nicht enttäuscht. Eine Elefantenherde mit Baby und Jungtieren kreuzt fünf Meter entfernt den Weg, am Hippo-Kadaver liegen die Löwen und Hyänen mit vollgefressenen Bäuchen. Geoffrey parkt drei Meter hinter den Löwen: „Seht ihr? Einer von ihnen hat eine tiefe Verletzung am Hals. Er ist anscheinend Opfer von Wilderern geworden. Wahrscheinlich ist er in eine Schlinge geraten und konnte sich befreien.“
Während der eine Löwe in der Sonne döst, knabbert der andere an der zähen Flusspferdhaut. Ein Geier, der beim Anflug auf einen Baum den Ast verfehlt, stürzt mehrere Meter abwärts und fällt dem Löwen fast auf den Kopf. Eine Hyäne schleicht ums Auto, rekelt sich und zieht wieder ab, während sich eine Weitere den Löwen nähert. Sofort fangen sie an zu knurren und die Hyäne trollt sich. „Wir können heute Abend noch einmal hierherfahren“, bietet Geoffrey an.
Unerwartet geraten wir in einen „Stau“. Drei Giraffen stehen akkurat hintereinander auf der Piste und schauen in die Ferne. Wir stellen uns hinten an und blicken ebenfalls in die Umgebung, ohne etwas zu entdecken. Nach zehn Minuten löst sich der „Stau“ auf.
Geoffrey schlägt den Weg zum Fluss ein. Dieser hat sich in den letzten Jahren stark verbreitert. Bäume, die vor zwei Jahren noch am Ufer standen, liegen umgestürzt im Wasser. Dazwischen ruhen Flusspferde. Eines hat ein dösendes Baby auf dem Rücken liegen. Als es ins Wasser rutscht, ist die Gruppe sofort in heller Aufregung. Kaum ist es wieder auf den Rücken der Mutter geklettert, kehrt sofort Ruhe ein.
Wie abgemacht, fahren wir am Abend wieder zu dem Nilpferdkadaver. „Hört ihr die Hyänen? Ihr Ruf bedeutet, wir wollen fressen“, erklärt Geoffrey. Als wir ankommen, liegt nur noch der verletzte Löwe dort und verteidigt die Beute gegen die Hyänen. Wir beschließen auf den Sundowner zu verzichten und stattdessen das Schauspiel, das die Natur hier bietet, zu beobachten.
Heulend, rufend und kichernd versuchen die Hyänen an das Aas zu gelangen. Der Löwe ist wegen der Verletzung erschöpft und ruht auf einem Teil der Beute. Darauf haben die Hyänen nur gewartet und stürzen sich auf das Futter. Laut knacken die Knochen. Zwischendurch erhebt sich der Löwe immer wieder, faucht, die Hyänen springen heulend beiseite, werden mutiger und für eine kurze Zeit zerren Löwe und Hyänen gemeinsam an dem Kadaver.
Immer wieder rufen die Hyänen nach Verstärkung. Mit der Zeit umkreisen mehr und mehr von ihnen das Auto und die Beute. Sie gehören jedoch verschiedenen Rudeln an und beißen sich gegenseitig weg. Währenddessen treiben zwei Krokodile vorsichtig auf das Ufer zu.
Mitten im Kampf um das Futter blicken die Hyänen auf und fangen an zu jaulen. „Von dort nähern sich zwei Löwen“, Geoffrey zeigt auf den Pfad am Ufer.
Der verletzte Löwe ist immer schneller erschöpft, schläft ein, wird kurz munter, faucht und schläft wieder. Hastig fressend nutzen die Hyänen jede Gelegenheit. Die Krokodile haben zwischenzeitlich aufgegeben, die Geier trauen sich nicht näher heran und hüpfen aufgeregt auf dem Boden hin und her und wir fahren zurück ins Camp.
Die letzte Safari im Nationalpark
Der letzte Tag im Camp beginnt. Wir fragen unseren Guide, warum die Safariautos ohne Dach und Türen sind. „Die Tiere können nicht unterscheiden, was es ist. Sie sehen nur einen großen Kasten. Hauptsache, jeder bleibt still und bewegt sich nicht, wenn sich ein Tier nähert.“
Wir halten an einem See. Ein Krokodil sonnt sich nur wenige Schritte entfernt am Ufer. „Keine Sorge, Krokodile können nicht weit laufen und der Abstand ist ausreichend“, schmunzelt Geoffrey. In dem Moment verschwindet es auch schon im Wasser und schwimmt in Richtung des gegenüberliegenden Ufers. Dort trinken Zebras und Affen. Ein grüner Pflanzenteppich schützt sie jedoch vor den Krokodilen, die davor Halt machen.
Zur Mittagszeit genießen wir noch einmal den Panoramablick vor unserem Zelt. Ein paar Meter entfernt gehen zwei ausgewachsene Elefanten mit einem Jungtier ins Wasser. Plötzlich treibt der Kleine ab. Immer wieder versuchen die Dickhäuter gegen die Strömung anzukommen, um das gegenüberliegende Ufer zu erreichen. Das Jungtier klettert auf den Rücken seiner Mutter, rutscht jedoch zurück ins Wasser. Nach vielen vergeblichen Versuchen schwimmt ein Elefant zum anderen Ufer, während Mutter und Kind zu unserem Ufer zurückkehren und an Land gehen. Nach einem ausgiebigen Sandbad steht Mutter Elefant plötzlich zwei Meter vom Zelt entfernt und blickt uns in die Augen. Wir bleiben regungslos stehen. Nach spannungsgeladenen drei Minuten steht auch ihr Junges neben ihr und sie gehen gemeinsam ihrer Wege.
Zum abendlichen Game Drive bewundern wir ein weiteres Mal Geoffreys ausgezeichnete Kenntnisse der Tierwelt. Ein mit Matsch bedeckter Elefant kommt hinter einem Busch hervor, Geoffrey bremst, fährt einen Meter zurück, der Elefant macht zwei Schritte auf uns zu. Diesmal fährt Geoffrey sofort zwei weitere Meter zurück. In dem Moment prescht ein ebenfalls mit Matsch bedecktes Elefantenbaby aus dem Gebüsch hervor, eine weitere Generation Dickhäuter folgt. Als die Herde vorbeigezogen ist, geht die Fahrt weiter.
Ein Pavian schreit. Geoffrey zeigt auf den Baum, auf dem der Affe sitzt und konzentriert in eine Richtung blickt: „Das ist ein Alarmruf und seht ihr die Impalas da vorne? Sie blicken in dieselbe Richtung. Ein paar Meter links von ihnen müssen Löwen sein.“ Wir fahren hin und tatsächlich liegen zwei Löwen unter einem Busch. Während der eine im Gras liegend vor sich hin döst, leckt sich der andere die Pfoten, gähnt ausgiebig, sodass wir sein Gebiss bewundern können und macht es sich gemütlich. „Wir kommen um 18 Uhr zurück, dann beginnt die Jagdzeit“, schlägt Geoffrey vor.
Nach einem herrlichen Sundowner am Fluss fahren wir zurück zu den Löwen. Punkt 18 Uhr erheben sie sich tatsächlich. In Jagdlaune scheinen sie jedoch noch nicht zu sein. Wir fahren weiter und begegnen einem Leoparden. Dieser ist dagegen auf der Jagd und Geoffrey hält nur kurz und im großen Abstand zu ihm.
Zu den Victoriafällen
Der Flug von Mfuwe nach Lusaka startet erst am Nachmittag. Wir schlafen aus und genießen ein ausgiebiges Frühstück. Nur ein Affe klaut blitzschnell die Zuckerdose vom Tisch, frisst sie in sichere Entfernung auf einem Ast sitzend leer, lässt sie fallen und sammelt anschließend noch die heruntergefallenen Zuckerkrümel auf.
Lusaka ist nur ein Übernachtungsstopp auf dem Weg nach Livingstone. Das Städtchen liegt an der Grenze zu Simbabwe und ist kaum belebt. Von den Millionen Touristen, die sich hier zu Vor-Corona-Zeiten tummelten, ist nur eine Handvoll vor Ort. Was für den Tourismus eine Katastrophe ist, ist für uns ein Segen. Auf dem Spaziergang entlang der Victoriafälle, des breitesten durchgehenden Wasserfalls der Welt, begegnen wir niemandem. 108 Meter stürzt der Sambesi in die Tiefe, Sprühnebel hüllt uns ein, während zwei Regenbogen über der Schlucht, durch die sich der Sambesi wild schäumend seinen Weg bahnt, leuchten.
Über eine Länge von 1700 Metern verbinden die Victoriafälle die Länder Sambia und Simbabwe, der größte Teil ist in Sambia. Wir überlegen, die Wasserfälle auch von der anderen Seite aus zu besichtigen, entscheiden uns aber dagegen. Für den Nachmittag haben wir schon eine Fahrt auf dem Fluss vereinbart und bis dahin muss noch der PCR-Test für die morgige Weiterreise nach Botswana durchgeführt werden.
Die „Princess of Africa“ legt nur mit uns, vier Chinesen und acht Mann Personal an Bord ab. „Wir sind froh um jeden Tag, an dem wir arbeiten können“, erzählt der Schiffsjunge und umsorgt uns mit Wein, Whiskey, Erdnüssen und Fingerfood, während das Schiff langsam dem Sonnenuntergang entgegen schippert.
Am nächsten Morgen erreicht uns die Nachricht, dass sich die Weiterreise nach Botswana um ein paar Stunden verschiebt. Wir nutzen die Zeit und gehen am Rand der Victoriafälle im Angels Pool, einem Natursteinbecken, baden. Wieder einmal sind wir die einzigen Gäste. Sorgfältig werden die Registriernummern der Dollarscheine, mit denen wir bezahlen, notiert. „Falls die Bank fragt, woher wir das Geld haben“, meint einer der Guides.
Mit einem Boot setzen wir über nach Livingstone Island. Ausgerechnet heute weht ein starker Wind. Zum Glück habe ich Schwimmschuhe und ein Schwimmshirt dabei. Als Schutz vor dem Wind und dem Wassernebel bekommen wir Regenmäntel umgehängt, bibbern aber trotzdem vor Kälte. Zu allem Überfluss werden uns auch noch der Verlauf des Sambesi und die Biografie von David Livingstone erklärt. Beides hören wir jetzt zum dritten Mal. Dann beginnt endlich der spannende Teil, der den Adrenalinspiegel steigen lässt. Nach einem Spaziergang durch das angenehm temperierte Wasser an der Kante des Wasserfalls mit einem atemberaubenden Blick in die Schlucht und auf den tosenden Sambesi geht es endlich zum Pool.
Der Angels Pool ist das Pendant zum bekannteren Devils Pool. Während der Devils Pool erst zugänglich ist, wenn der Wasserstand sinkt (Ende August), bildet der Angels Pool die Alternative.
Vorsichtig geleiten uns die ortskundigen Führer über rutschige Felsen zum Pool an der Fallkante. Nacheinander steigen wir in das schäumende Nass, während um uns Tausende Kubikmeter Wasser in die Tiefe stürzen.
Nach dem Abenteuer wartet bereits ein ausgiebiges Frühstück auf uns, danach brechen wir auf nach Botswana. Nach einer Stunde Fahrt mit einem Auto erreichen wir die Grenze. Wo bei meinem letzten Aufenthalt 2011 noch eine Fähre über den Grenzfluss fuhr, spannt sich eine Brücke über das Wasser. Aus den Grenzbaracken, die irgendwo im staubigen Grau standen, wurden moderne weitläufige Grenzanlagen. Im Niemandsland warten wir auf unsere Verabredung, die uns nach Botswana bringen soll.