Nur wer an die Zukunft glaubt, glaubt an die Gegenwart.
(Aus Brasilien)
Reisejahr 2012 | Lesezeit 15 Minuten
Brasilia – Manaus – Auf dem Amazonas – Santarem – Belem – Olinda – Salvador de Bahia – Lencois (Chiapada Diamantina) – Belo Horizonte – Rio de Janeiro
Erdfarben liegt die „ideale“, auf dem Reißbrett entworfene Hauptstadt Brasilia zu unseren Füßen. Vom 72 Meter hohen Fernsehturm reicht der Blick über grauen Beton, rote Erde, braunen Rasen und weite, fast leere Flächen. Außerhalb der Hauptachse reihen sich Wohnblöcke, Hotels und Einkaufszentren aneinander.
Brasilia: Die Stadt vom Reißbrett
Lucio Costa und Oscar Niemeyer schufen die Stadt in nur vier Jahren. Ihre Grundform gleicht einem Flugzeug: In der Mitte der Zentralachse liegt der alte Busbahnhof, dahinter stehen die kreisrunde, lichtdurchflutete Kathedrale, das Nationalmuseum mit seiner weißen Kuppel und die Ministerien mit ihren grünlichen Glasfassaden. Besonders eindrucksvoll sind die Gebäude des Justiz- und Außenministeriums: Künstliche Wasserfälle fließen an der Fassade des Justizministeriums herab; aus dem Wasser auftauchende schlanke Säulenbögen gestalten die Fassade des Außenministeriums.
Hinter den Ministerien stehen die Zwillingstürme des Nationalkongresses, die vom Abgeordnetenhaus, das eine Kuppel auf dem Dach trägt und dem Senatsgebäude mit einer Schale als Gebäudeabschluss flankiert werden.
Die Achse endet am „Platz der drei Gewalten“: Präsidentenpalast, oberstes Bundesgericht und Kongress stehen hier. Ebenfalls am Platz befindet sich das Pantheon des Vaterlandes und über allem weht weithin sichtbar eine 290 Quadratmeter große Flagge an einem 100 Meter hohen Mast.
Besucher dürfen Senat und Kongress samt Kunstwerken und Sitzmöbeln von Le Corbusier besichtigen. Auch wir nehmen auf den Stühlen der Abgeordneten Platz.
Nach einem langen Tag im fast menschenleeren Brasilia – die Stadt wurde für Regierungsangestellte gebaut, die jedoch anstatt dort zu wohnen lieber spätestens am Donnerstagabend in ihre Heimatorte fliehen – wollen wir am See den Sonnenuntergang genießen.
Doch der Weg dorthin ist beschwerlich: Öffentliche Verkehrsmittel fehlen, und Fußgänger scheinen die Architekten schlicht vergessen zu haben. Zebrastreifen gibt es keine, nur viel Verkehr. Wir rennen im Zickzack über die Straßen, wie Hasen auf der Flucht.
Manaus: die Metropole im größten Urwald der Erde
Von der erdfarbenen Hochebene zieht es uns nach Manaus in den grünen Dschungel. Vor dem Flughafengelände in Manaus warten Tourenverkäufer auf potenzielle Kundschaft. Obwohl wir versuchen, ihnen auszuweichen, heftet sich einer an unsere Fersen. Immerhin hilft er bei der Suche nach einem Bus, der in Richtung Zentrum fährt.
Die Innenstadt hat ihren Charme aus der Kolonialzeit weitestgehend verloren. Die typische Architektur ist kaum noch zu finden, dafür umso mehr Geschäftsbauten. Aus der Kathedrale erklingen mitten im Juli die Töne von „O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit“.
Ausflug in das Delta
Mit einem Boot unternehmen wir einen Ausflug in die Umgebung der Stadt. Die teuerste Brücke Brasiliens, die Ponte Rio Negro, verbindet die Flussufer. Unter ihr fließen das blaue Wasser des Rio Negro und das braune Wasser des Rio Solimoes nebeneinander hindurch. Die Flüsse haben unterschiedliche Temperaturen und selbst einige Fischarten machen an der Wassergrenze Halt und kehren wieder um. Erst nach zehn Kilometern haben sich die beiden Ströme zum Amazonas vereinigt.
Das Boot fährt in das Delta hinein. Wer möchte, kann ein Bad im wohltemperierten Wasser nehmen. „Hier leben Flussdelfine. Wer ins Wasser geht, muss einen Schwimmgürtel tragen“, wird allen Badewilligen nahegelegt.
Ein junger Mann mit ein paar Fischen in der Hand steht im Wasser und versucht die Tiere anzulocken. Plötzlich spüre ich die warme, glatte Haut eines Delfins an meinen Beinen. Er schnappt sich den Fisch und streift mich mit der Flosse. Ein schmerzhafter, aber unvergesslicher Moment.
Tief im Delta werden wir von einem Gewitter überrascht. Der Wolkenbruch zwingt den Bootsführer, anzuhalten. Als der Regen nachlässt, nähern sich Jugendliche aus den umliegenden Dörfern in schmalen Holzbooten. Sie verkaufen Snacks, Süßigkeiten und sogar ein Baby-Krokodil.
Sonntags in Manaus
Am Sonntag geht es in Manaus gemächlich zu. Bequem würden wir es uns auch gerne in unserem Zimmer machen, aber es ist dort nicht auszuhalten. Die Raumtemperatur liegt irgendwo zwischen 30 und 40 Grad Celsius, die Luftfeuchtigkeit ist sehr hoch und die Klimaanlage funktioniert erst ab 21 Uhr. Also flüchten wir zum Opernplatz.
Das Teatro Amazonas, ein prächtiges Gebäude mit imposanter Fassade, entstand, als der Kautschukboom die Region reich machte. 15 Jahre dauerte es von der Grundsteinlegung bis zur Eröffnung.
DDas bisher wegen der Sommerpause geschlossene Opernhaus hat geöffnet. Familien mit Kleinkindern, Jugendliche und Alte strömen ins Haus. Es ist ein ständiges Kommen und Gehen. Wir nutzen die Gelegenheit ebenfalls, setzen uns auf Plätze im ersten Rang und sehen den Proben zu einer modernen Inszenierung zu.
Auf dem Opernplatz spielt derweil eine Band. Leinwände werden mit einem Film aus den 50er-Jahren und einem Musikfilm bespielt. Die Atmosphäre ist entspannt und heiter.
Wir gehen weiter zum Hafen, um Fahrkarten für eine Fahrt nach Belem kaufen. Tickets gibt es, aber die Schiffe haben andere Abfahrtzeiten, als unsere Recherchen im Internet ergeben haben. „Ein Schiff nach Belem legt erst in vier Tagen ab. In zwei Tagen fährt aber eines nach Santarém. Dort könnt ihr dann sofort auf ein Boot nach Belem umsteigen“, erfahren wir von einem Ticketverkäufer. Er mustert uns: „Kauft Tickets für eine abschließbare Kabine. Aus Sicherheitsgründen.“ Wir entscheiden uns dennoch für Hängemattenplätze.
Schifffahrt auf dem Amazonas
Ausgestattet mit schweren bunten Hängematten und großen Wasserflaschen machen wir uns am nächsten Tag auf den Weg zum schwimmenden Hafen von Manaus. Der Kai ist 1300 Meter lang. Die senkrecht dazu verlaufenden Schiffsanlegeplätze werden von großen Eisentanks über Wasser gehalten.
Verkehrsboote mit zwei Etagen und kleine Fähren schaukeln im Wasser. Nirgendwo gibt es einen Hinweis darauf, welches Boot wohin fährt. Wir fragen nach. Ein Hafenarbeiter bringt uns zum Pier, von dem das Boot nach Santarem abfährt. Das Schiff, die Anna Karoline, wird gerade mit Matratzen beladen. Ein Schiffsjunge bringt uns auf das oberste Deck. Hinter der Bar sind noch einige Haken für Hängematten frei. Mit ein paar schnellen Handgriffen werden die Matten befestigt und das Gepäck darunter verstaut. Wir können Probeliegen.
Leicht schaukelnd beobachten wir das Treiben um uns herum und am Pier. Die leeren Haken werden weniger, das Schaukeln schwieriger. Die Matten hängen nun dicht nebeneinander.
Plötzlich fegen Sturm und Regen über das Deck. Hastig werden an der Reling die Planen heruntergelassen. Zeit, die Hängemattennachbarn kennenzulernen. Auf der einen Seite schaukeln zwei junge Männer, auf der anderen ein Missionarspaar. Mit den jungen Männern sind wir schnell im Gespräch. Einer von ihnen spricht etwas deutsch.
Regen und Sturm haben aufgehört, die Planen werden aufgerollt, das Schiff legt ab. Es gleitet an schwimmenden Tankstellen vorbei in die Mitte des Rio Negro. Eingeklemmt zwischen Regenwald und Amazonas stehen bunt bemalte Häuschen und einfache, auf Stelzen errichtete Holzhütten am Ufer.
Auf dem unteren Deck ist die Essensausgabe. Zu den festgelegten Zeiten bildet sich eine lange Schlange davor. Wir reihen uns ein. Nach dem Mahl gibt es noch einen Cocktail an der Bar, dann sinken wir zufrieden in die Hängematten. Die Missionare nutzen diese Gelegenheit für einen zweistündigen Bekehrungsversuch.
Um 23 Uhr wird es ruhig auf dem Schiff. An der Bar wird die Jalousie herunter gelassen und die Musik abgedreht. Auf dem Deck scheint schwach das blaue Licht der Notbeleuchtung.
Für eine kurze Zeit lehne ich noch an der Reling und blicke in die tiefschwarze Nacht. Ab und an tauchen Schiffe auf, die als Lichtpunkte vorbei schwimmen. Dann zwänge auch ich mich in meine Hängematte, schiebe mir ein Kissen unter den Rücken und schlage die seitlichen Enden der Matte über mir zusammen.
„In Kürze laufen wir einen Hafen an“ dröhnt eine Stimme aus dem Lautsprecher. Es ist 6 Uhr morgens. Die letzten Leinen sind noch nicht am Pier festgemacht, da stehen auch schon fliegende Händler auf den Decks. Süßigkeiten, Herzhaftes, kleine Spielwaren, Uhren – sie haben ein käufliches Sammelsurium an Waren im Angebot.
Rufe, Pfiffe, so schnell, wie sie da waren, sind sie auch wieder verschwunden. Das Schiff hat bereits abgelegt. Zeit fürs Frühstück. Ausgestattet mit Obst, Milchreis, Sandwich, Kuchen und Kaffee, setzen wir uns an einen der Tische, die vor der Bar stehen. Dazu holen wir noch ein Glas Wasser aus dem Trinkwasserkanister, der einladend an der Wand hängt.
Das Schiff legt an der Spitze einer kleinen Landzunge an. Der Anleger ist so kurz, dass nicht einmal die fliegenden Händler an Bord kommen. Sie drängeln sich am Ufer. Passagiere rufen hinunter, was sie kaufen möchten; Händler reichen lange Stangen, an deren Ende Haken mit Waren und Becher für Geld befestigt sind, nach oben.
Aus Grün wird bunt. Ein Dorf mit Kai taucht aus dem Dschungel auf. Fliegende Händler sind nicht zu sehen, nur ein paar Uniformierte warten am Anleger. Zollkontrolle. Pässe werden gezückt, Gepäck verschoben. Die Männer vom Zoll kontrollieren jeden Pass und durchsuchen jedes Gepäckstück nach Rauschgift. Mit einer Ausnahme. Unsere Siebensachen fassen sie nicht an. Die Hängemattennachbarn scheinen das zu wissen. Vorsichtig schieben sie ihre Reisetaschen und Koffer zu unseren Rucksäcken.
Am frühen Abend legt das Schiff an einem größeren Hafen an. Auf dem Deck herrscht hektisches Gewusel, Sachen werden hastig zusammengepackt, ein großer Teil der Passagiere geht von Bord. Unsicherheit macht sich nicht nur bei uns breit. Dann folgt die Erklärung; wir haben in Santarem angelegt. Statt morgens um 5 Uhr sind wir schon am Vorabend angekommen.
Santarem: Karibikflair im Amazonas
Am Hafen von Santarem erfahren wir, dass das nächste Schiff nach Belem erst in zwei Tagen abfährt. Ich bin froh darüber, da ich durch das verdorbene Trinkwasser an Bord gesundheitliche Probleme habe. „Die Bootsbesitzer befüllen die Trinkwasserkanister mit Leitungswasser. Davon darf man nichts trinken“, erfahren wir zu spät von einem Mitreisenden.
Unterkünfte gibt es ausreichend in Santarém. Mithilfe unserer Hängemattennachbarn vom Schiff finden wir ein Zimmer mit Warmwasserdusche.
Santarém liegt an der Mündung des Rio Tapajós, der sich hier mit seinem grünlichen Wasser in das braune Wasser des Amazonas ergießt. Kilometerlange Sandstrände liegen etwas außerhalb der Stadt.
Da mein Magen rebelliert bleibt uns nur ein Bummel über die Uferpromenade, ein Besuch der Kathedrale und des alten Rathauses mit inliegendem Gefängnis.
Auch für eine Weiterfahrt mit einem Boot auf dem Amazonas bin ich nicht fit genug. Wir beschliessen mit dem Flieger nach Belem zu reisen.
Belem: das Tor zum Amazonas
Um 1 Uhr in der Nacht holt uns das Flughafentaxi ab. Früh am Morgen landen wir in Belém. Die Stadt ist 500 Jahre alt. Ihr ehemaliger Reichtum ist noch an Kirchen und trotz der verrottenden Fassaden an den Häusern im Kolonialstil zu erkennen.
Die Altstadt gruppiert sich um Fort, Konvent und der strahlend weißen Kathedrale da Sé. Zierliche Balkongitter und geflieste Fassaden aus handbemalten Kacheln verzieren die Häuser der Altstadt.
Das schönste Schauspiel von Belém findet indes auf dem 1625 gegründeten Markt „Ver-o-Peso“ („Achte auf das Gewicht“) statt. Unzählige Marktstände bilden ein Labyrinth, in dem es Fleisch, Fisch, tropische Früchte, Gewürze, Schlangenhäute, Amulette und vieles mehr gibt. Frauen kochen unter freiem Himmel und auch wir bekommen Appetit und probieren von den Köstlichkeiten.
Am Hafen soll es laut Reiseführer viele Touranbieter für Tagesausflüge ins Delta geben. Die Agenturen haben jedoch alle geschlossen. Erst an der letzten angegebenen Adresse finden wir tatsächlich ein geöffnetes Büro. Die verlangten Preise sind jedoch völlig überzogen und wir bleiben in der Stadt.
Zur Erfrischung holen wir uns Eis aus den Amazonas-Früchten Açaí und Umbu. Ein Brasilianer spricht uns an: „Wollt ihr den Abend mit mir und Freunden verbringen?“
Die halbe Stadt ist ab Sonnenuntergang bis weit nach Mitternacht auf den Beinen. Den Abend verbringen wir in einer Eckbar, in der bei viel Bier jeder mit jedem über Gott und die Welt diskutiert.
Zum Glück können wir ausschlafen. Um 12 Uhr machen wir uns auf den Weg zur Bushaltestelle. Der Flieger nach Recife hebt zwar erst um 16 Uhr ab, aber Busse müssen per Handzeichen angehalten werden. Da sie jedoch zu sechst und in Zweierreihen an die Haltestelle heranfahren, kann das ein langwieriges Unterfangen werden.
Ein Regenschauer. Wir flüchten unter das Vordach eines Ladens. In diesem Moment fährt der Bus zum Flughafen vorbei. Der nächste Bus naht in der zweiten Reihe; wir winken; er rollt weiter. Im letzten Moment sehen wir, dass der Fahrer doch noch in der ersten Reihe hält. Dank schneller Beine und eingesetzter Ellenbogen schaffen wir es, einzusteigen.
Olinda: Stadt der Klöster
In Recife werden wir schon erwartet und in das nahegelegene Olinda in eine hübsche Posada gefahren. Die Stadt wurde 1535 in einer hügeligen Tropenlandschaft gegründet. Von der höchsten Stelle, dem Alto da Sé sind die Bucht, Recife und die historische Altstadt von Olinda sehr schön zu überblicken.
Aus einem dichten Blätterwald lugen Bauten aus der Kolonialzeit hervor. In den steilen kopfsteingepflasterten Gassen der Altstadt stehen viele Kirchen und Kapellen, Museen und Kunstgalerien. Die bunten Häuser haben maurische Balkone. An kleinen Ständen werden Erdnüsse, Kokosstückchen und Maracujasaft angeboten. Die Luft ist klar, das Wandern über die grünen Hügel der Stadt ist trotz der hohen Temperaturen angenehm.
Von Olinda soll es eine regelmäßige Verbindung mit dem Nachtbus nach Salvador de Bahia geben. Wir gehen den Tag entsprechend gemütlich an und widmen uns dem Erwerb von Briefmarken bei der Post, einem sehr zeitaufwendigen Unterfangen. Erst dann machen wir uns auf, um die Fahrkarten zu kaufen. Dort, wo es hätte Tickets geben müssen, ist jedoch eine Werkstatt. Der Automechaniker kennt sich zum Glück mit den Busverbindungen aus: „Die Busse fahren nur vom Busbahnhof in Recife ab.“
Der Busbahnhof befindet sich eineinhalb Stunden von Olinda entfernt. Wir haben zwar noch genug Zeit, müssen aber viel eher aufbrechen als gedacht. Nach einer langen Fahrt mit Bus und Metro durch Recife mit seinen schmutzigen Fassaden und den verarmten Vororten erreichen wir den Busbahnhof, der sich von Wald umgeben, in einer in der Dämmerung unheimlich wirkenden Gegend befindet.
Salvador de Bahia: Villen und Adelspaläste im Kolonialstil
Zur Frühstückszeit treffen wir im Hostel in Pelourinho, dem historischen Zentrum von Salvador de Bahia, ein. In farbenfrohen Pastelltönen leuchten Häuser und Kirchen in den Gassen. Einige Straßen sind nur für Anwohner zugänglich: „Zu gefährlich für Touristen“, erklären die Wache habenden Polizisten.
Kreuz und quer bummeln wir durch die bunte Altstadt, besichtigen Kirchen, die Kathedrale und probieren uns mit Acarajé (Bohnenbällchen), Suppe und Carurú (aus Okra, Zwiebeln, Garnelen, Palmöl und gerösteten Nüssen hergestellte Beilage) durch die afrikanisch beeinflusste Küche.
Am Abend wird auf dem zentralen Platz der Altstadt Praça da Sé eine Bühne aufgebaut, Musikgruppen spielen Samba und Reggae, am Rand des Platzes tanzen Jugendliche Capoeira, mobile Essensstände säumen das Areal.
Nach der stimmungsvollen Nacht fahren wir zum Entspannen an den eine Stunde Busfahrt von Pelourinho entfernten Strand Praia do Flamengo. Kühlender Wind, weißer Strand, türkisfarbenes, angenehm temperiertes Atlantik-Wasser und Kokospalmen sorgen für einen erholsamen Tag.
Dem Ruhetag folgt ein Wandertag. Von Pelourinho aus laufen wir durch die Wohngebiete der oberen Mittelschicht. Vorbei an alten Villen und modernen Apartmenthäusern zum Farol da Barra, dem ältesten Leuchtturm Südamerikas und weiter die Avenida Oceânica entlang zum Morro do Cristo, der kleinen Variante der Christus-Statue von Rio de Janeiro.
Chapada Diamantina: Tafelberge und Wasserfälle
Am nächsten Morgen ziehen wir weiter. Sieben Stunden Busfahrt bis Lençois (Chapada Diamantina) liegen vor uns. Anfangs ähnelt die Landschaft Orten, wie sie in Afrika zu finden sind, später prägen Zuckerrohrplantagen das Bild. Die Straße ist gut befahrbar, erst auf den letzten Kilometern bis Lençois rumpelt es wegen der vielen Schlaglöcher im Bus.
Den Namen Lençois (portugiesisch Laken) hat der Ort Gold- und Diamantensuchern zu verdanken, die in behelfsmäßigen Zelten lebten. Von den umliegenden Bergen sahen sie wie zum Trocknen ausgebreitete Leinentücher aus. Heute hat das Städtchen schmale kopfsteingepflasterte Gassen, die teilweise 150 Jahre alten Häuser haben bunte Fassaden, Agenturen bieten Touren in den Naturpark Chapada Diamantina an.
Wir buchen Ausflüge zum Fumaça-Wasserfall und zu drei der vielen Höhlen und Grotten des Nationalparks.
Am Fumaça-Wasserfall
Nach einer Autofahrt durch das Tal, in dem sich brasilianische und europäische Aussteiger niedergelassen haben, geht es zu Fuß über vom Wasser glatt geschliffene Felsen steil bergauf. Auf 1300 Meter Höhe angekommen, führt der Weg geradeaus bis zur Oberkante des Fumaça-Wasserfalls.
Wer die zweithöchsten Kaskaden Brasiliens betrachten möchte, legt sich flach auf einen leicht abwärts neigenden Felsvorsprung und zieht sich langsam nach vorne. Da der Wasserfall keine Quelle hat, und nur wenn es regnet, 340 Meter in die Tiefe rauscht, gibt es nur ein Rinnsal zu sehen.
Höhlen und Grotten
Zahlreiche Höhlen durchziehen den Naturpark. In dunklen Grotten umrunden wir riesige Stalaktiten und Stalagmiten sowie mit azurblauem, kristallklaren Wasser gefüllte Becken und gehen in einer weiteren Höhle baden.
Ausgestattet mit Schwimmweste, Schnorchel, wasserdichter Taschenlampe und Guide schwimmen wir durch ein System von Gängen in eine Grotte hinein. Still und ein wenig unheimlich ist es. „Macht das Licht der Taschenlampen aus“ bittet der Guide. Beklemmend wirken Dunkelheit und Stille auf uns, die Kälte des Wassers ist noch stärker zu spüren.
Kalt und nass ist es auch am Berg Pai Inácio. Im Nieselregen wandern wir zum Gipfel des Tafelberges. Auf dem Plateau, das an eine Mondlandschaft mit tropischem Pflanzenwuchs erinnert, scheint jedoch wohltuend die Sonne.
Unterwegs nach Rio de Janeiro
Von Lencois wollen wir weiter nach Rio de Janeiro. Um dorthin zu gelangen, haben wir uns für die Fahrt mit dem Nachtbus zurück nach Salvador de Bahia entschlossen. Dieser hat Anschluss an den Flieger nach Belo Horizonte, wo wir für eine Nacht bleiben und am nächsten Morgen mit dem Bus weiterreisen.
Die Straße von Belo Horizonte nach Rio de Janeiro schlängelt sich in Serpentinen durch Bergarbeiterdörfer und aktive Minen. Das Grün am Straßenrand ist erdfarben vom Staub, die Bremsen des Busses klingen wir Kreissägen. Trotzdem kommen wir wohlbehalten in Rio an.
Rio de Janeiro: Stadt der ikonischen Wahrzeichen
Das Viertel am Busbahnhof von Rio de Janeiro wirkt nicht sehr einladend. Häuser stehen leer und fensterlos da, hinter dem Busbahnhof brennen kleine Feuer, an dem sich Obdachlose wärmen. Wir sehen zu, so schnell wie möglich den Bus nach Leme zu finden.
Leme liegt am Strand von Leme, dem Ende der Copacabana. Unser Quartier, ein von Oscar Niemeyer erbautes Haus, befindet sich in der Favela Babilonia, 500 Meter die Hügel hinauf mit Blick auf den Strand von Leme und die Copacabana.
An der Straße zur Favela stehen Motorradtaxis und Polizei. Wir überlegen, ob wir mit den großen Rucksäcken überhaupt auf einem Moto-Taxi mitfahren können. Bevor wir zu einem Entschluss kommen, haben wir bereits einen Helm auf dem Kopf und sind oben angelangt.
Stadtbummel
Zum breiten Strand von Leme unterhalb der Favela laufen wir. Er ist fast menschenleer. Nur ein paar fliegende Händler bauen ihre Sonnenschirme auf. Das nutzen wir für einen Spaziergang zum anderen Ende der Copacabana. Dort angekommen stehen wir etwas ratlos herum. Wie sollen wir von hier wegkommen? Weit und breit ist niemand zu sehen, den man fragen könnte. Unverhofft hält ein Bus auf dem Central steht neben uns. Wir steigen auf gut Glück ein und zentral in der Innenstadt wieder aus.
Die nächsten Stunden erobern wir Rio zu Fuß, besuchen die achtgrößte Nationalbibliothek der Welt, sehen im Theater Municipal, das der Pariser Oper nachempfunden ist, kurz einer Probenvorstellung zu und besichtigen den Betonklotz Catedral Metropolitan. Im „Kabinett für portugiesische Literatur“ endet der Tag. Die königliche Bibliothek aus dem Jahr 1887 ist ein Geschenk Portugals an Brasilien. 350.000 alte Ausgaben portugiesischer Literatur stehen über zwei Galerien verteilt in meterhohen Regalen.
Die Sonne scheint auch am nächsten Morgen, die Sicht ist klar, vom Corcovado grüßt einladend Christus. Bevor wir jedoch auf dem Berg ankommen, warten wir 75 Minuten an der Zahnradbahn auf einen Platz im Zug nach oben. Die 30 Meter hohe Christus-Statue ist ein Nationalheiligtum. Um den Rundumblick auf die Stadt genießen zu können, bedarf es einiger Geduld. Auf Schritt und Tritt wird posiert, gedrängelt und geschubst.
Den Blick über die Stadt auskosten können wir erst auf der Aussichtsplattform des 396 Meter hohen Zuckerhuts. Ohne Wartezeit bringt uns eine Schwebebahn in zwei Etappen auf den Berg.
Abreise mit Hindernissen
Der Abflugtag ist da. Wir haben genügend Zeit, um mit dem Bus zum Flughafen zu fahren. Zu unserer Überraschung sind wir bereits eine halbe Stunde später dort. In aller Ruhe suchen wir auf der Anzeigetafel nach unserem Flug. Dort stehen jedoch nur Inlandsflüge. Wir sind am falschen Flughafen. Nun wird die Zeit knapp. Es ist Freitagabend und der Verkehr staut sich auf den Straßen.
Als wir endlich am Flughafen für internationale Flüge ankommen, springen wir beim ersten Halt aus dem Bus. In großer Eile studieren wir die Anzeigetafeln. Falsches Terminal. Im Eiltempo laufen wir zur angezeigten Abfertigungshalle. Dort verläuft der Check-in so zügig, dass wir mit brasilianischer Gelassenheit auf den Abflug warten können.






























