Jedes Mal wenn Du jemanden anderem verzeihst,schwächst Du ihn und stärkst Dich selbst.
(Sprichwort aus Peru)
Reisejahr 2008
Lima – Ica –Arequipa – Puno – Amantani (Titicacasee) – Bolivien – Cusco – Aguas Calientes – Cusco – Puerto Maldonado – Lima
Ohne Wolkendecke und Küstennebel präsentiert sich Lima beim Landeanflug. Um vom Flughafen in die peruanische Hauptstadt zu gelangen, hat man nur die Wahl zwischen Bus und Taxi.
Immer höher werdende moderne Gebäude und dichter Straßenverkehr lassen uns an den Stadtkenntnissen des Taxifahrers zweifeln. Wir haben ein Zimmer in einem kleinen alten Haus, das zu einer Pension umgebaut wurde und ruhig gelegen sein soll, gebucht. Um uns herum blinken jedoch Glasfassaden in der Sonne und die Stadt erstickt im Verkehr.
Das Taxi hält. Tatsächlich stehen wir vor einem wunderbaren alten Haus; im Innenhof begrüßen zwei Aras die Gäste; eine dicke Mauer hält den Straßenlärm draußen.
Es ist früher Vormittag, die Altstadt liegt fußläufig von der Pension entfernt und so machen wir uns auf den Weg zu einem Stadtbummel. Dabei schlendern wir über die Plaza de Armas, vorbei am Regierungspalast, an dem zur Mittagszeit die Wache in einer farbenfrohen Zeremonie mit lauter Kapellenmusik abgelöst wird, dem Palast des Erzbischofs, der in einigen Erdbeben beschädigten und wieder aufgebauten Kathedrale, weiter zur im Innern mit Keramik verzierten Kathedrale San Francisco, vorbei an beeindruckenden Kolonialbauten mit ihren vor neugierigen Blicken schützenden Holzbalkonen bis zur felsigen Pazifikküste.
Ballestas Inseln: das Galapagos des armen Mannes
Sehr früh am Morgen starten wir zu den Ballestas Inseln. Die Vulkaninseln liegen vor der Pazifikküste und werden von den Einheimischen als die „Galapagos des armen Mannes“ bezeichnet.
Im Dünensand einer Insel ist ein riesiges Scharrbild in Form eines dreizackigen Kerzenleuchters zu sehen, der an die geheimnisvollen Nazca-Linien erinnert. Begleitet von Delfinen tuckert das Boot langsam um die Felsen, auf denen viele Seevögel, aber auch Pelikane, Seelöwen und Humboldt-Pinguine leben. Nach der interessanten Tour steigen wir vom Boot in den Bus um und fahren ins Landesinnere.
Vom Wasser in die Wüste
Bis zu 100 Meter hohe Sanddünen umgeben die Oase Huacachina, die wir nach der Busfahrt auch gleich als Ausgleich für das lange Sitzen bezwingen wollen. Ein anstrengendes Unterfangen. Für den harten Aufstieg werden wir nicht nur mit einem tollen Ausblick – Wüste hier, Wüste da, Wüste in unseren Schuhen – belohnt; wir surfen auf unseren Sandalen auf das grünblaue Wasser einer Lagune zu, was natürlich viel besser ist als auf den angebotenen Surfbrettern. Nach zwei erholsamen Tagen verlassen wir die Oase.
Arequipa: die „Weiße Stadt“
Zwölf Stunden Fahrt in einem komfortablen Nachtbus mit Beinfreiheit, Abendbrot und Frühstück an Bord liegen hinter uns, als wir Arequipa erreichen.
Arequipa, die „Weiße Stadt“, verdankt ihren Namen einem weißen Kreidestein vulkanischen Ursprungs, aus dem Häuser, Kirchen, Klöster und die Brücken über den Rio Chili gebaut sind. Rot dagegen leuchtet das Kloster Santa Catalina: Eine Stadt in der Stadt mit maurischer Architektur, in der die Gassen Namen spanischer Städte tragen. Ursprünglich war das Kloster ein Internat für Töchter reicher Spanier. Heute leben hier nur noch wenige Nonnen.
Nach dem Besuch des Klosters erholen wir uns im Park auf der Plaza Mayor: Die Lage der Stadt (2300 Höhenmeter) geht nicht spurlos an uns vorüber.
Andenkondore im Colca Canyon
Vorbei an Arequipas schneebedeckten Hausberg Misti reisen wir weiter zum Colca Canyon, dem zweittiefsten Canyon der Welt. Um der Höhenkrankheit vorzubeugen, versorgen wir uns mit Koka-Blättern und schieben sie in die Wange. 24 Stunden lang bin ich hellwach, ohne Hunger und topfit.
Der bekannteste Bewohner des Canyons ist der Andenkondor. Gegen morgen startet der größte Raubvogel der Welt von den schroffen, steilen Felsen zur Futtersuche bis in 5000 Meter Höhe.
Zugig und kalt ist es. Die Augen suchen die tiefe Schlucht ab. Nichts. Wir üben uns in Geduld. Plötzlich fliegen mehrere der von den Inkas verehrten Vögel majestätisch gleitend auf Augenhöhe vorbei.
Nachdem wir das Glück hatten, die Andenkondore zu sehen, brechen wir auf zur siebenstündigen Busfahrt nach Puno am Titicacasee.
Titicacasee: der heilige See der Inka
Tiefblau leuchtet der Titicacasee in der Sonne. Das Ausflugsboot steuert auf die Uros-Inseln zu. Das Volk der Uro ist zwar seit 1958 ausgestorben, ihre Nachfahren versuchen zumindest einen Teil der Kultur zu erhalten. Ursprünglich galten die Uro als das wildeste Volk im Inkareich, das sich bei Auseinandersetzungen auf ihre Inseln im Titicacasee zurückzog und dadurch nie von den Inkas unterworfen wurde.
Die Inseln bestehen aus Schilf, die Hütten die darauf stehen ebenfalls und zur Erfrischung gibt es – Schilf. Mit einem Schilfboot drehen wir noch eine kurze Runde auf dem See, ehe wir mit einem modernen Motorboot weiter zur Insel Amantani fahren.
Amantani
Das Boot legt an einem der Landungsstege an. Am Ufer stehen Inselbewohner, um ihre Gäste zu empfangen.
Auch wir werden erwartet. Unser Zuhause für eine Nacht ist ein einfaches, schönes Zimmer mit Blick zum See und über die Terrassenfelder. Der Raum liegt, wie die anderen Schlafzimmer auch, erhöht über dem Innenhof des Hauses.
Amantani ist eine karge Insel. Die Wege führen durch Steinterrassen, auf denen unter anderem Kartoffeln und Quinoa angebaut werden. Auf den beiden Gipfeln der Insel, Pachatata und Pachamama, stehen Tempelruinen, die aus den Zeiten der Tiwanaku-Kultur zurückgeblieben sind.
Die meisten Bewohner leben vom Fischfang und dem Textilhandwerk. Die ursprünglichen Formen des Zusammenlebens aus der Inka-Zeit sind bis heute erhalten geblieben: Die Arbeit wird auf alle Bewohner aufgeteilt, die Einnahmen gehen in die Gemeindekasse.
Eine Wanderung über die Insel führt uns hoch zu Pachatata und Pachamama. Der Blick über den Titicacasee von oben ist atemberaubend. Am Abend sind wir zurück bei unserer Familie. Dort wartet schon das Abendbrot. Gegessen wird in der Küche, die auch gleichzeitig die Wohnstube ist. Wir betreten einen dunklen, rußgeschwärzten Raum. Eine kleine Feuerstelle ist gleichzeitig Kochstelle und die einzige Wärmequelle des Hauses. Durch ein winziges Fenster fällt ein schwaches Licht auf zwei Bretter an der Wand, auf denen die Töpfe stehen, einen großen Tisch und eine Bank. Auf dem Tisch brennt eine Kerze, zum Kochen muss der Schein des Feuers reichen.
Die Augen brauchen einen Moment, bis sie sich an das schwache Licht gewöhnt haben. Auf dem Tisch stehen Suppe, Reis mit Hühnchen und Muna-Tee. Wir genießen das ausgezeichnet zubereitete Essen.
Während bei unserer Ankunft die Temperaturen hoch waren, ist die Insel am nächsten Morgen von einer dünnen Schneedecke bedeckt.
Eine Nachbarinsel von Amantani ist die für hochwertige Textilprodukte bekannte Insel Taquile. Spinnen, Weben und Stricken ist vor allem Männerarbeit, was der Insel den Beinamen „Insel der strickenden Männer“ gab.
Es ist der 28. Juli, der Unabhängigkeitstag in Peru. Stundenlange Ansprachen des Präsidenten auf allen Kanälen begleiten uns durch den Tag. Überall gibt es Aufmärsche. Selbst die ganz Kleinen marschieren in ihren Trachten, während die Männer unermüdlich strickend am Weg stehen oder in kleinen Gruppen zusammensitzen. Wir marschieren auch – über die Insel. Mit 50-Kilo-Bündeln bepackte Männer kommen uns entgegen. Ihre Wangen sind gefüllt mit Koka-Blättern. Nur so ist in der dünnen Luft diese Plackerei möglich.
Eine Nacht verbringen wir noch einmal in Puno, ehe wir nach Copacabana in Bolivien weiterfahren.
Cusco: die alte Hauptstadt der Inkas
Von Copacabana kehren wir für eine Nacht zurück nach Puno. Von dort starten wir in aller Frühe zur sechsstündigen Busfahrt in die frühere Inkahauptstadt Cusco.
Die Spanier hatten bei der Eroberung Cuscos die Stadt bis auf die Grundmauern platt gemacht. Auf den Mauerruinen errichteten sie ihre Bauten, die bei Erdbeben jedoch einstürzten. Stehen blieben nur die Mauern der Inkas.
In den sehr engen Gassen Cuscos wimmelt es von Reisenden. So viel touristischen Trubel sind wir nicht gewöhnt. Die Preise in den Schnellküchen und Restaurants haben sich dem Ansturm angepasst.
Wir mieten ein Auto mit Fahrer, um Orte wie Moray und das Sacred Valley besser erreichen zu können.
Das Heilige Tal der Inkas
In Moray gibt es drei Versuchsanbauflächen aus der Inkazeit für verschiedene Korn- und Gemüsearten. Für optimale Versuchsergebnisse wurde der Anbaugrund terrassenförmig angelegt, sodass die Temperaturen von unten nach oben um 5 Grad Celsius steigen. Eine der Anlagen ist rekonstruiert. Sie hat die Form eines Uterus und mit den dahinterliegenden Bergen ergibt sich das Bild des Körpers einer Frau.
Ein paar Kilometer von den Versuchsflächen entfernt, beginnen wir mit einer Wanderung durch das von den Inkas als Spiegelbild zur Milchstraße gesehene Sacred Valley, vorbei an Feldern, die noch aus der Inkazeit stammen und auch heute noch ohne jegliche Technik bestellt werden, bis zu den Salzterrassen bei Maras.
Die Salzterrassen bestehen aus ca. 3000 Becken, von denen jedes einer Familie gehört. Ein Fluss, der aus den Bergen kommt, füllt die Becken. Während das Wasser verdunstet, bleiben weißes, qualitativ wertvolles Salz und rötliches Salz, das für die Tiere genutzt wird, zurück.
Die Nacht verbringen wir auf einem Zeltplatz in Ollanta. Von dort können wir bequem die Schienen entlang bis zum nächsten Bahnhof laufen. Die Züge pfeifen rechtzeitig und fahren nicht so schnell, sodass genug Zeit bleibt, um von den Gleisen zu springen.
Aguas Calientas: das Tor nach Machu Picchu
Ein Zug bringt uns nach Aguas Calientas, einem Dorf, in dem sich das Leben nicht auf dem Dorfplatz, sondern entlang der Gleise abspielt. Da wir erst am nächsten Tag nach Machu Picchu wandern wollen, probieren wir uns am gegenüberliegenden Berg Putukusi aus.
Ein Dschungelpfad, mehrere vertikale Holzleitern, von denen die Größte über 30 Meter misst, ein Serpentinen-Weg mit Blick auf das Urubamba-Tal und angriffslustige Insekten machen den Weg zur Bergspitze jedoch um einiges steiler und anstrengender als den Weg nach Machu Picchu. Der Blick vom Gipfel auf die Ruinenstadt macht die Mühsal des Aufstiegs jedoch wieder wett.
Um Machu Picchu vor dem Massenansturm besichtigen zu können, stehen wir um 4 Uhr auf. In der Anlage sind so früh nur wenige Besucher unterwegs, da die ersten Touristenbusse erst eine Stunde nach uns ankommen. Nur für eine Besteigung des Wayna Picchu – der Berg, der die Postkarten ziert – sind wir trotzdem zu spät dran. Die Anzahl der Besucher, die den Gipfel besteigen dürfen, ist begrenzt und alle Tickets sind bereits verkauft.
Puerto Maldonado: das Tor zum Amazonas
Die Nacht verbringen wir noch einmal in Cusco und fliegen anschließend in den Amazonas nach Puerto Maldonado.
Dort wartet bereits ein Boot, um uns zu einer tief im Regenwald liegenden Lodge zu bringen. Drei Stunden schippern wir immer tiefer in den Urwald hinein. Als wir anlegen, ist es bereits dunkel. Mit einer Taschenlampe ausgestattet, wandern wir noch zehn Minuten durch die Wildnis bis zur Lodge.
Heller Kerzenschein schimmert durch den dichten Dschungel. Wir treten auf eine Lichtung und stehen vor einem romantisch in der Dunkelheit leuchtenden Gebäude aus Bambus. Die Zimmer haben drei geschlossene Wände, die Vierte ist offen, damit der Blick in das undurchdringliche Grün ungestört ist.
Mit einer Nachtwanderung, einem frühmorgendlichen Spaziergang und erfolglosen Angelversuchen beenden wir den Urlaub.