Der Fluss zahlt keine Entschädigung, die Erde nimmt kein Lösegeld an.
(Sprichwort aus der DR Kongo)
Reisejahr 2016
Goma – Bunia – Epulu (Mbuti-Pymäen) – Kisangani – Yangambi – Kisangani – Flussfahrt auf dem Kongo – Kinshasa – Matadi – Kisantu – Zongo – Kinshasa
Der unkomplizierteste Weg, um nach Goma in die kongolesische Provinz Nord-Kivu zu gelangen, ist ein Flug in die ruandische Hauptstadt Kigali. Dort erwartet uns Jean-Michel, ein Kongolese, der uns bei der Planung und Durchführung der Reise unterstützt. Fahrer und Auto stehen bereit und wir können sofort durchstarten. Ohne Hektik fahren wir los. Die Grenze zur DR Kongo schließt um 18 Uhr und es ist erst früher Nachmittag.
Die Fahrt durch Kigali zieht sich dahin. Die Staaten der Afrikanischen Union tagen, wodurch etliche Straßen gesperrt sind. Wir werden unruhig. Kurz vor 18 Uhr erreichen wir endlich den Grenzübergang. Die Beamten sind gut drauf und winken uns durch.
Bis wir in unserem Homestay ankommen, ist es bereits dunkel. Das Haus liegt am Kivusee, im Wohnzimmer erwartet uns ein großer runder Tisch, der sich unter der Last vieler Speisen biegt. Von den Gastgebern bekommen wir nur kurz die Mutter der Familie zu sehen, dann sind wir unter uns.
Das Frühstück am nächsten Morgen ist nicht minder üppig. Da wir bereits im letzten Jahr durch Goma getourt sind, machen wir uns auf den Weg nach Bunia. Gerne wären wir auf dem Landweg weitergereist. Jedoch gilt die Straße hinter Goma als unsicher: Mai-Mai, regionale Milizen die im zweiten Kongokrieg (1998–2003) entstanden und je nach Interessenlage die Allianzen wechseln, überfallen in dem Gebiet alles, was Beute verspricht.
„Mai-Mai“ bedeutet auf Lingala und Suaheli „Wasser-Wasser“. Der traditionelle Heiler Kanyanga behauptet, Gewehrkugeln perlen wie Wasser von denjenigen ab, die sich mit seinem Zauberwasser besprühen, solange sie die Regel, sich nicht zu waschen, einhalten. Später wurde die Regel erweitert: … sie sollen Frauen vergewaltigen.
Die Alternative ist ein Flug nach Bunia, um von dort auf dem Landweg weiter zu reisen. Auf der Fahrt zum Flughafen kommen uns viele Läufer entgegen: Leute, die vor allem im Büro arbeiten, gehen jeden Sonntag joggen. Am Flughafen steht ein Helfer bereit, der gegen ein kleines Entgelt die Formalitäten erledigt. Als er uns an der Warteschlange von vier Personen vorbei schleusen will, gibt es Ärger mit den Beamten. Eine Diskussion folgt, die mehr Zeit kostet als das Anstellen.
Auf dem Flugfeld stehen nur vereinzelt ein paar Flieger. Wir fliegen mit CAA, einer kongolesischen Fluggesellschaft und sind auf den Zustand des Flugzeugs gespannt. Zu unserer Überraschung macht die Fokker 50 aus griechischem Altbestand einen guten Eindruck.
Bunia: der ewige Konflikt zwischen Hema und Lendu
In Bunia werden wir vom Flughafenchef in sein Büro gebeten. Irgendeine Erlaubnis fehle, eine Formalität. Gegen Zahlung einer „Gebühr“ rückt er die Formblätter heraus, wir füllen sie aus und hinterlassen unseren Daumenabdruck. Ein Passbild haben wir nicht dabei. Der Flughafenchef sieht übellaunig drein, sein Mitarbeiter hat eine Idee. Auf dem tatsächlich funktionierenden Kopierer vervielfältigt er die Bilder aus den Pässen, schneidet sie mangels Schere mit einer Rasierklinge aus und klebt sie auf das Formblatt.
Bunia ist die Hauptstadt des Distrikts Ituri in der Provinz Orientale, hat eine sauber asphaltierte Straße und viele schlammzerfurchte Pisten. In den Siedlungen der Stadt leben Angehörige der Volksgruppen der Lendu, der Hema und der Gegere, einer Untergruppe der Hema.
In der Siedlung der Lendu werden wir von den Stammesältesten in der wellblechgedeckten Gemeinschaftshütte erwartet. Bogenförmige Häkeldeckchen hängen als Wandschmuck von der Decke, bunte Heiligenbildchen sind die Farbtupfer im Raum. Auf bequemen Sesseln sitzend erwarten die Männer unsere Fragen zu ihrer Geschichte. Als wir ihnen vorschlagen, sie sollen doch einfach erzählen, reden sie sofort los. Nur einmal unterbrechen sie kurz. Sie sind irritiert, dass wir nichts mitschreiben. Wir versichern, dass wir abschließend alles notieren würden.
Sie erzählen von dem 1999 ausgebrochenen Konflikt zwischen ihrem Volk und dem Volk der Hema. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Lendu, die sesshafte Ackerbauern sind und die nomadisierenden Viehhirten der Hema nachbarschaftlich miteinander ausgekommen. Die Stammesfehden 1999 haben sie aus den Dörfern im Distrikt Ituri vertrieben und in Bunia siedeln lassen. Für ihre Hütten zahlen sie Miete und fühlen sich unfrei. Die Kolonialzeit sehen sie durchaus positiv. Die Belgier bauten Schulen und Infrastruktur. Der Wunsch nach einer stabilen Zentralregierung wie unter Mobutu Sese Seko, der von 1965 bis 1997 Präsident von Zaïre war (von 1971 bis 1997 Name der DR Kongo), ist groß. „Rebellengruppen plündern, morden und vergewaltigen, die Armee schaut zu oder macht gemeinsame Sache mit den Milizen. Die Korruption reicht bis in die untersten Ebenen des Staatsapparates.“ Auf die Frage, ob sie die Zukunft im Zusammenleben mit den Hema friedlich sehen, weichen sie aus.
In einer Nachbarsiedlung werden wir bereits im Wohnzimmer einer Hema-Familie erwartet. Auf wackligen Stühlen nehmen wir Platz, an der Wand lehnt ein blank geputztes Moped. Der Familienvater und Nachfahre eines ehemaligen Königs hält ein paar Blätter in seiner Hand. Aufgeregt liest er uns die Geschichte seines Volkes vor. Die Kolonialzeit und den Konflikt mit den Lendu erwähnt er nur kurz.
Nach dem Besuch von Lendu und Hema fahren wir zum Priesterseminar und beenden den Tag in einem lokalen Restaurant, in dem statt Speisekarten das Neue Testament auf den Tischen liegt.
Über Land
Auf einer erstaunlich gut befahrbaren Piste geht es weiter nach Epulu, zum Okapi-Wildtierreservat im Ituri-Regenwald. Die ersten „gebührenpflichtigen“ Straßensperren lassen nicht lange auf sich warten.
Die Hütten in den Dörfern sind klein und den meisten fehlt der Außen-Lehm-Putz. Stangen am Straßenrand signalisieren Einkaufsmöglichkeiten. Lokales Bier gibt es, wo grüne Plastiktüten wehen, Zigaretten dort, wo Zigarettenschachteln aufgespießt sind. Ein kleiner Schrotthaufen am Straßenrand bedeutet, dass eine Mopedwerkstatt vor Ort ist.
Mit plattem Vorderreifen bleiben wir im Nirgendwo stehen. Sofort werden wir von Pygmäen umringt. Eine Buschtrommel ist zu hören. Jean-Michel sucht nach dem Wagenheber. Er findet ihn, aber der Hebel fehlt. Der Dorfchef der Pygmäen, ein Mann, der nach eigenen Angaben bereits in seinem zweiten Leben und 15 Jahre alt ist, legt Pfeil und Bogen beiseite und hackt die Erde unter dem platten Reifen weg. So gelingt der Reifenwechsel. Als Dank gibt es drei leere Wasserflaschen.
In Mambasa soll der Reifen geflickt werden. Ich schlendere derweil die Hauptstraße entlang. Armee und Polizei dominieren das Stadtbild, was nicht gerade zu einem größeren Bummel einlädt.
Okapi-Wildtierreservat in Epulu
Kurz darauf erreichen wir Epulu. Am Epulu-Fluss befindet sich das Forschungszentrum des Okapi-Wildtierreservats, in dessen Lodge wir übernachten. Im Juni 2012 wurde die Station von Mai-Mai Milizen angegriffen und zerstört. Bei dem Überfall, der vermutlich aus Rache für die Bemühungen zur Unterbindung der Elefantenwilderei und des illegalen Goldabbaus im Reservat verübt wurde, kamen sechs Menschen ums Leben sowie alle Okapis, die auf der von Schweizern aufgebauten Zuchtstation lebten.
Wir kommen ins Gespräch mit Rosmarie Ruf, die mit ihrem Mann zusammen das Projekt begründet hat. Am Wiederaufbau wird gearbeitet, nur wann es wieder Okapis im Gehege geben wird, ist ungewiss. Um die sehr scheuen Tiere zu fangen, müssten mehrere Ranger monatelang im Wald campieren. Das ist angesichts der Sicherheitslage unzumutbar. Die Mai-Mai haben mit weiteren Angriffen auf Epulu gedroht und das Militär, das zum Schutz der Region in Mambasa ist, macht zum Teil gemeinsame Sache mit den Milizen.
Epulu ist für uns der Ausgangspunkt zu einer Wanderung zu den Mbuti-Pygmäen, die tief im zweitgrößten Regenwald der Welt leben.
Mit dem Auto nach Kisangani
Drei Tage später machen wir uns auf den Weg ins nächste Abenteuer: nach Kisangani auf der Suche nach einem Boot, das uns auf dem Kongo nach Kinshasa bringen soll.
Trotz Regens bleibt die Piste erstaunlich gut befahrbar. Lkw und Busse dürfen bei dem Wetter nicht fahren und so stehen sie vor den Straßensperren in den Dörfern. Bis Niania, einer Stadt der Diamantenhändler und Verkehrsknotenpunkt für Transport-, Reise-, Schmuggel- und Fluchtrouten, passieren wir alle Straßensperren „gebührenfrei“. Unsere Geschichte, dass wir in Epulu arbeiten, erzeugt Wohlwollen.
Hinter Niania müssen auch wir wieder zahlen. Die Dörfer, durch die wir fahren, fangen alle mit einem B an; diverse Tempo-40 Schilder hindern unseren Fahrer nicht daran, die Tachonadel bei 100 einzupendeln. In einem Dorf kaufen wir den einzigen Stand, an dem es mit Sprit gefüllte Wasserflaschen gibt, leer.
Je mehr wir uns Kisangani nähern, desto kürzer werden die Abstände zwischen den Straßensperren. Das Geschäft ist lukrativ. Schranken und Vorhängeschloss werden von der Regierung gestellt, das Geld fließt in private Taschen.
An der Sperre, hinter der der Distrikt Kisangani beginnt, werden die Pässe registriert. Aus der gut befahrbaren Sandpiste wird eine löchrige, nur langsam passierbare, asphaltierte Straße. Nach 200 Metern halten wir vor der nächsten Schranke. Umweltkontrolle! Der Beamte fragt nach der Automarke. Rotbrauner Pistenschlamm bedeckt jeden Zentimeter der Karrosserie und macht das Modell unkenntlich. Der Fahrer antwortet und putzt die Scheinwerfer. Eine gute Idee, schließlich ist es längst dunkel.
In Kisangani werden wir von Luise, einer Bekannten von Jean-Michel, mit einem köstlichen Fischgericht erwartet. Ihre Kochkunst überzeugt und sie wird uns auf dem Boot als Köchin begleiten.
Yangambi: im Gästehaus der Politiker
Bevor wir jedoch ein Boot suchen, das in absehbarer Zeit ablegt, fahren wir mit Mopeds ins 90 Kilometer entfernte Biosphärenreservat Yangambi.
Kurz hinter Kisangani versperrt der Fluss den Weg. Mit Pirogen setzen wir über; in einer stehen die Mopeds, in einer Weiteren sitzen wir. Am anderen Ufer warten Soldaten der Präsidentengarde und kontrollieren die Pässe.
Weiter geht es auf einer holprigen Piste am Kongo entlang. Dorf reiht sich an Dorf. Etliche Hütten sehen ebenso einsturzgefährdet aus, wie die Brücken, über die wir fahren. Sie bestehen größtenteils aus schmalen Brettern, auf denen die Fahrer entlang balancieren. Dass Weiße unterwegs sind, spricht sich schneller herum, als wir vorwärtskommen. Junge Männer bauen flink aus Bambus Straßensperren, um „Gebühren“ zu kassieren, die Luise jedoch resolut öffnet. Plötzlich ertönt eine Trillerpfeife. Mitten im Wald stehen drei Verkehrspolizisten und kassieren uns ab.
Das Gästehaus liegt etwas außerhalb von Yangambi, auf einer Anhöhe mit herrlich weitem Blick über den Kongo und wurde zu allen Zeiten von Politikern zum Erholen und Verhandeln in entspannter Atmosphäre genutzt.
Auch wir entspannen und unternehmen nur eine kurze Mopedtour durch das aus belgischer Kolonialzeit stammende Dorf. In einer ehemaligen Erholungsanlage für Politiker rotten Schwimmbecken, Sprungturm, Kino und Gästehäuser vor sich hin. Eine Bar mit Flussblick wird heute als Kirche genutzt. Die Gästehäuser, an denen als Einziges die Hausnummern den Zahn der Zeit gut überstanden haben, sind bewohnt.
Aus einer Kirche ist Gesang zu hören. Vorsichtig blicken wir hinein und werden herzlich willkommen geheißen. Als Ehrengäste nehmen wir auf den Stühlen vor den Betenden Platz. Der Rhythmus der Gesänge und die Trommelklänge machen aus der Andacht eine lebendige Veranstaltung.
Streik in Kisangani
Gewaltige Blitze eines Tropengewitters zucken gen Nachthimmel. Am Morgen, auf dem Rückweg nach Kisangani, versinken die Mopeds im Schlamm. Eine Brücke ist unbefahrbar geworden. Die Fahrer jonglieren die Zweiräder auf dem sehr schmalen Rand zwischen Brücke und Abgrund entlang. Zu allem Überfluss muss sich der Fahrer, auf dessen Moped ich sitze, ständig nach allen Seiten umdrehen, um auf sich aufmerksam zu machen.
Vor uns taucht eine Gruppe Schüler auf, die „Diploma, Diploma“ singend und tanzend durch die Dörfer ziehen – Zeugnisfeier. An einer Lichtung halten wir und versuchen mit einer handbetriebenen Mühle Palmöl herzustellen, überlassen das Mahlwerk aber sehr schnell wieder den Arbeitern.
Am Fluss endet die Fahrt. In Kisangani streiken die Fahrer der Mopedtaxis gegen die „Gebühren“, die sie an den vielen Barrieren zahlen müssen. Mit Blockaden verhindern sie, dass nicht demonstrierende Mopedfahrer Leute befördern. Daraufhin kehren unsere Chauffeure zurück nach Yangambi.
Wir sitzen fest. Eine Stunde später stehen bereits 15 Leute am Ufer, die auf die andere Flussseite wollen. Irgendwer überzeugt den Besitzer der einzigen Piroge, die startklar ist, dass er alle über den Fluss schippern soll. Derweil telefoniert Jean-Michel mit dem Direktor unseres Hotels, der uns persönlich mit einem Jeep vom anderen Flussufer abholt. Auf Schleichwegen fährt er nach Kisangani. Blockaden werden wortlos beiseitegeschoben. Offensichtlich sind wir dem Direktor ein paar Dollarnoten wert.
Abends gibt es wieder ein Essen bei Luise. Wir halten uns jedoch nur kurz bei ihr auf. Jean-Michel drängt aus Sicherheitsgründen zum Aufbruch: Das Militär hat die Demonstration der Moped-Taxifahrer gewaltsam aufgelöst. Es gab drei Tote.
Ein Boot ist gefunden. Ein Schubleichter (Schiff ohne eigenen Antrieb), der bereits ein langes Leben hinter sich hat und auf verrosteten und verbeulten Pontons hauptsächlich Autos transportiert, die in Kampala und Goma gekauft und in Kinshasa zum dreifachen Preis verkauft werden. Es soll in zwei bis drei Tagen ablegen, je nachdem wann die Papiere fertig sein würden.
Mit Jean-Michels Hilfe stellen wir eine Liste mit Dingen zusammen, die wir für die Bootsfahrt benötigen: Tee, Kaffee, Bohnen, Stühle …
Die Mittagszeit verbringen wir im 1955 eröffneten Zoo, der in früheren Jahren bestimmt eine Attraktion war. Heute leben in völlig abgewirtschafteten Käfigen Affen, – die, die ausbrechen konnten, laufen frei herum – eine Viper, eine Kobra, ein Geier, ein Krokodil, ein Kronenkranich und ein Schwarm Graupapageien. Ein leeres Raubtierhaus verfällt am Rand des Geländes.
Am Nachmittag fahren wir zu den Wagenia-Wasserfällen. Dort leben Angehörige des Volksstammes der Wagenia, die in den Stromschnellen des Kongo Korbfischerei betreiben.
Jeder Familie gehört ein Fangkorb. Die Fischer balancieren auf zerbrechlich aussehenden Gerüsten und versuchen Korbreusen im reißenden Fluss zu platzieren. Ihre Kinder werden bereits im Alter von drei Monaten an das Wasser gewöhnt und können, wenn sie älter sind, bis zu fünf Minuten tauchen.
Die schlichten Hütten im Fischerdorf sind aus rotbraunem Lehm gebaut, nur der Dorfchef bewohnt ein verfallenes Haus aus der Kolonialzeit. In voller Tracht empfängt er uns. Nach Händeschütteln und einem Foto verschwindet er wieder und wir fahren zurück nach Kisangani.
Am nächsten Morgen sitzen Polizei und Hochrangige im Hotelgarten. Vor der Tür formiert sich eine Demonstration. Eine Blaskapelle spielt, Polizei steht am Straßenrand, Fahnen von Gewerkschaften, Veteranenvereinigungen, Studentenverbänden und regierungsnahen Organisationen wehen. In einer Seitengasse haben sich die Mitglieder der Gewerkschaft der Mopedfahrer gesammelt. Angestiftet von Fernsehleuten stehen sie jubelnd und Fahnen schwenkend auf ihren Fahrzeugen.
Demonstriert wird für den Nationalen Dialog, eine Pro-Kabila-Demonstration. Im Kongo sollen im November (2016) Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfinden. Präsident Joseph Kabila darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren, ist jedoch nicht bereit abzutreten. 2015 unterzeichnete er ein Gesetz, durch das die bestehenden 11 Provinzen durch 26 neue ersetzt werden sollen. Der langwierige Aufbau neuer Verwaltungsstrukturen und die Tatsache, dass dafür keine Finanzierungsmittel zur Verfügung stehen, zeugen eher davon, dass das eigentliche Ziel des Gesetzes eine Verzögerung der Wahlen ist.
Ein Jeep mit Polizei in schusssicheren Westen und einer breiten Palette an Schießmöglichkeiten hält. Die Hochrangigen (Bürgermeister von Kisangani, Transportminister …) aus unserem Hotel gehen an die Spitze des Zuges von 1500 Demonstranten. Immer wieder werden wir zum Mitlaufen aufgefordert. Wir sind jedoch zum Essen mit Monica verabredet, der Frau eines Obersts der Präsidentengarde.
Monica bewohnt ein großes Haus und beschäftigt einige Angestellte. Die Töchter sollen in der kommenden Woche zum Studieren nach Kampala gehen. In der Hausbar steht eine Dreiliterflasche Johnnie Walker. Monica zeigt auf ein paar Gläser: „Bedient euch. Mein Mann lebt in Kinshasa und kann euch leider nicht empfangen“. Zum ersten Mal auf dieser Reise bewegen wir uns in einem Umfeld, in dem sich niemand Mobutu Sese Seko zurückwünscht.
Nach dem Essen fahren wir zum Markt, um noch ein paar Kleinigkeiten vor der Abreise am Abend zu kaufen. Es ist früher Nachmittag und viele Stände sind bereits verwaist. Die letzten Händler packen eilig zusammen: „Verlasst schnell den Markt. Ein Mopedfahrer wurde erschossen und jetzt sammeln sich die Fahrer zu einer Demonstration.“
Später holt uns Monica mit Pick-up, einem sehr wichtig aussehenden Mann und stempellastigen Schein hinter der Frontscheibe vom Hotel ab. Tatsächlich kommen wir ungehindert zum Hafen. Monica und Luise kümmern sich im Migrationsbüro um die Formalitäten.