Bewegung hat Glück in sich und viel Glück braucht einen Sprung.
(Aus Kuwait)
Nichts kratzt deinen Rücken besser als dein eigener Fingernagel.
(Aus Bahrain)
Reisejahr 2018
Eritrea – Kuwait-Stadt – Ahmadi – Manama (Bahrain)
Übermüdet vom allnächtlichen Partylärm in den Hotels in Eritrea landen wir in Kuwait. Ein Nachtleben gibt es hier nicht, sodass wir auf erholsame Nächte hoffen.
Vorab haben wir uns im Internet e-Visa besorgt. Wir dachten dabei an eine unkomplizierte, zeitsparende Einreise. So einfach gestalten die Kuwaiter die Prozedur jedoch nicht. Egal ob e-Visa oder gar kein Visum, jeder muss sich im Visacenter eine Wartenummer ziehen.
Außer uns ist kein weiterer Reisender im Center. Nach einer kurzen Wartezeit geben wir die Pässe zum Ausstellen eines Visums ab, kaufen am Automaten Gebührenmarken und – warten. Die Angestellten unterhalten sich ausgiebig und gestenreich. Wir sehen zu und hoffen, dass ihnen der Gesprächsstoff ausgehen möge. Aber erst eine Stunde später ist es soweit.
Trotz langatmigem Einreisemodus ist es für die ersehnte Nachtruhe noch zu früh. Das Scientific Center, in dem es 3,80 Meter große Krabben geben soll, erscheint uns als Überbrückung der Zeit gerade richtig.
Das Aquarium im Center ist kleiner als erwartet, die Riesenkrabben gibt es nicht mehr, Höhepunkt ist ein spielendes Fischotterpaar. Schneller als erwartet stehen wir wieder draußen.
Die Kuwait Tower leuchten in der Dämmerung. Die mit „Pailletten“ besetzten Kugeln der beiden größeren Türme dienen als Wasserreservoir. Der kleinste, schmale Turm illuminiert die Kugeln mit Werbung. Sie sind ein guter Orientierungspunkt auf dem Weg zum Quartier.
Das Hotelzimmer befindet sich im 19. Stockwerk. Kein Straßenlärm ist zu hören. Müde fallen wir in die Betten. Kurz darauf ertönt Maschinenlärm, die Decke vibriert. Über uns befindet sich die Entlüftungsanlage. Wieder einmal packen wir unsere Sachen zusammen und ziehen mehrere Etagen tiefer in ein anderes Zimmer .
Geschichte des Öls
Kuwait verfügt über acht Prozent der weltweiten Ölvorkommen. Im Oil Display Center der Kuwait Oil Company in Ahmadi ist die Geschichte des kuwaitischen Öls beschrieben.
38 Kilometer fährt der Bus die Küste entlang. Busse werden nur von Arbeitern genutzt, entsprechend alt und klapprig sind sie. In Fahaheel steigen wir in ein Taxi um. Fünf Minuten später sind wir zwar in Ahmadi, fahren jedoch hin und her, immer um das Betriebsgelände der Kuwait Oil Company herum.
Hübsche Einfamilienhäuser stehen in grünen Gärten. Der Fahrer fragt bei einem Arbeiter nach dem Center. Der setzt sich ins Auto, fragt verwundert: „Habt ihr kein Google Maps?“ und gibt Anweisungen an den Fahrer. Als der Arbeiter ihn auf das Gelände lotst, fährt er nur zögernd weiter und ist erleichtert, als er uns ungehindert absetzen und sofort umkehren kann.
In der Ausstellung gibt es Informatives über Ölfelder, das Streckennetz des Öls, das sich durch die Wüste bis ins Meer zieht, Raffinerien sowie Bilder und Zahlen der Zerstörungen im Zweiten Golfkrieg, nach dessen Beendigung das industrielle Potenzial Kuwaits weitgehend zerstört war: 950 Ölquellen brannten, die Infrastruktur war teilweise vermint.
Zwischen Ahmadi und Kuwait-Stadt
Zwei Bushaltestellen in den Farben und mit dem Logo der Kuwait Oil Company befinden sich in unmittelbarere Nähe des Geländes. Es fehlt nur an Bussen. Ein geschäftstüchtiger Autofahrer nimmt uns mit nach Fahaheel und setzt uns am Fischmarkt am alten Hafen ab.
Im Hafenwasser liegen Daus – arabische Schiffe – vor Anker. Im Fischmarkt biegen sich die Tresen unter Riesengarnelen, Krabben und Fischen. Das Wasser läuft uns im Mund zusammen. Warum gibt es hier keinen Grill?
Zur Feierabendzeit fahren wir zurück nach Kuwait-Stadt. Der Bus ist voller als auf der Hinfahrt. Die Küste entlang wird rege gebaut. Obwohl viele Wohnhäuser leer stehen, ist der Bauboom ungebremst. Manche Gebäude sind kitschig, manche klobig, etliche sind langweiliger Standard.
Die Märtyrer des zweiten Golfkriegs
Ausführlichere Informationen über den Golfkrieg soll es im privaten Golfkriegsmuseum geben. Die erste Information, die wir erhalten, ist, dass das private Museum vor einem halben Jahr (2018) seine Pforten zugunsten von Bauprojekten der Regierung schließen musste.
Als Gedenkstätte ist nur das Haus der Märtyrer in Qurain, einem Vorort von Kuwait-Stadt, erhalten. Der ehemalige Kriegsschauplatz ist bei den Taxifahrern bekannt und so kommen wir problemlos hin. Das Kanonenrohr eines verrosteten Panzers zielt auf das Haus. Zehn Stunden lang wurden acht Kuwaiter von Irakern unter Beschuss genommen. Zwei konnten sich auf einem Dachboden verstecken, zwei über Nachbargrundstücke fliehen und überlebten. Die anderen wurden nach der Erstürmung des Hauses hingerichtet.
Stuckarbeiten an den Wänden im Treppenhaus, ein Treppengeländer aus bearbeitetem Stein und mehrere Bäder lassen ein gutes Leben der ehemaligen Bewohner erahnen. Einschusslöcher in den Wohnräumen gewähren einen großzügigen Blick in die Nachbarschaft. Teilweise ins Englische übersetzte Befehle dokumentieren das Morden und Zerstören.
Was tun in Kuwait-Stadt?
Um von dem etwas abseits gelegenem Ort wieder wegzukommen, hatten wir mit dem Fahrer vereinbart, dass er uns eine Stunde später abholen soll. Das Taxi kommt nicht. Nach Bauchgefühl laufen wir Richtung Autobahn; ein Auto hält und der Fahrer nimmt uns bis zum Markt in Kuwait-Stadt mit. Dort gibt es sehr gut besuchte Schnellrestaurants mit Fisch, Huhn und Fleisch auf der Speisekarte. Wir suchen uns ein freies Plätzchen und genießen ein wohlschmeckendes Menü.
Bis zum Abflug nach Bahrain ist immer noch Zeit. Im Reiseführer blättern wir nach Sehenswürdigkeiten.
Der interessante Goldmarkt hat geschlossen, obwohl es auf meiner Uhr Nachmittag und Öffnungszeit ist. Die große Moschee ist nicht weit, jedoch nur von außen zu betrachten. Das Gouverneurshaus ist geschlossen, die Tür lässt sich aber von außen entriegeln und wir besichtigen die Räume. Plötzlich steht ein Mann vor uns: „Das Haus öffnet um 16 Uhr wieder.“ Mein Handy zeigt zwar 16:30 Uhr an, trotzdem drängt er uns hinaus.
Ohnehin nähert sich die Abflugzeit und wir fahren zum Hotel. Der Taxifahrer gibt die Adresse in sein Handy ein, murmelt ununterbrochen den Hotelnamen vor sich hin und fährt stadtauswärts auf die Autobahn. Zum Glück haben wir vorher einen Preis vereinbart. Als er endlich auf dem richtigen Weg ist, biegt er zwanzig Meter vor dem Hotel ab. Mit Mühe leiten wir ihn zum Ziel.
Drei Stunden vor Abflug fahren wir zum Flughafen. Unser Flug wird auf den Tafeln nicht angezeigt, dafür Flüge, die längst gestartet sein müssten. Erst an der Information sehen wir, dass sich mein Handy – wohl in der Nacht – um zwei Stunden vorgestellt hat. Nun ist klar, warum der Goldmarkt geschlossen hatte und uns der Typ vom Gouverneurshaus so empört hinauskomplementierte.
Fünf Stunden verbringen wir am Flughafen. Das Tröstliche daran ist, dass wir in Kuwait nichts versäumt haben.
Bahrain: im Land der Perlentaucher
Im Inselstaat Bahrain gibt es am Flughafen von Manama nur zwei Einreiseschalter für alle mit und ohne Visum. Die Abfertigung erfolgt überraschenderweise zügig.
Am Taxistand ist ein Plakat aufgestellt mit den Regeln für eine Fahrt: der Preis ist nicht verhandelbar, gefahren wird mit Taxameter, ist es ausgeschaltet zahlt der Kunde nichts. Der Taxifahrer, der uns zum Hotel bringt, versucht es mit der klassischen Betrügerei: „Ich habe kein Wechselgeld.“ Wir haben es aber nicht passend und geben nicht nach. „Habt euch nicht so“, raunzt er. Es nutzt ihm nichts, da wir das Geld im Hotel gewechselt bekommen und passend bezahlen können.
Der folgende Tag ist ein Freitag. Wöchentlicher Höhepunkt eines Bahrainers ist der traditionelle Freitagsbrunch, der meist drei Stunden dauert und aus einem riesigen Büfett besteht. Natürlich wollen wir uns das kulinarische Verwöhnprogramm nicht entgehen lassen. Wir wissen von einem großen Fisch-Büfett in einem anderen Hotel.
An der Rezeption lassen wir uns einen kleinen Stadtplan geben. Mit der Bitte, uns auf der Karte den Standort unseres Hotels zu zeigen, ist der Rezeptionist überfordert. Er sieht auf der Visitenkarte nach der Adresse, um dann die Lage zu ermitteln. Nach einigem Suchen bittet er Kollegen um Hilfe.
Leidlich gewappnet ziehen wir los. Porsche rasen auf den breiten Straßen vorbei, alle 300 Meter hat bewaffnete Polizei einen kleinen Stützpunkt, auf Freiflächen stehen Einsatzfahrzeuge und gepanzerte Wagen bereit: Nachwehen des Arabischen Frühlings, dessen Auslöser die empfundene Benachteiligung und Diskriminierung der schiitischen Bürger hinsichtlich politischer, finanzieller und sozialer Umstände war. Rund 70 Prozent der einheimischen Bevölkerung sind Schiiten, beherrscht von einem sunnitischen Königshaus. Niedergeschlagen wurde der Aufstand durch Truppen der Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabiens. Als Begründung hierfür wurde der Bevölkerung eine zu große Sympathie zum Iran vorgeworfen.
Manama hat sich teilweise sein dörfliches Flair erhalten. Die Häuser sind meist zweigeschossig, vereinzelt ragen Wolkenkratzer in ausgefallenem Design in den Himmel, die gute Orientierungspunkte sind. Die vielen Shoppingmalls unterscheiden sich vom Angebot her nicht von denen weltweit. Von den vielen Juwelierläden abgesehen, verkaufen die gleichen, global agierenden Ketten hier ihre Waren.
Ein interessantes Reiseprogramm aufzustellen ist in Bahrain noch schwieriger als in Kuwait. Einen Nachmittag und einen Vormittag gilt es zu überbrücken. Für eine Fahrt auf der Formel-1-Rennstrecke haben wir uns zu spät um Tickets gekümmert, der 25 Kilometer lange King Fahd Causeway, die einzige Festlandanbindung mit Saudi-Arabien erscheint uns, nachdem wir ein paar Bilder angesehen haben, nicht mehr interessant, für die Ausgrabungsstätten aus der Dilmun-Zeit fehlt uns die Fantasie.
Nach einigen Recherchen finden wir ein paar interessante Punkte: das UNESCO-Weltkulturerbe Perlenweg, das Bahrain-Fort und die königliche Kamelfarm.
Historischer Perlenweg, ein portugiesisches Fort, die königliche Kamelfarm
Der dreieinhalb Kilometer lange Perlenweg führt durch die Altstadt von Manama und liegt wie der Flughafen auf der Insel Muharraq.
Der Taxifahrer fährt mit zugedecktem Taxameter. Nebenbei schaut er einen Spielfilm. Ein wenig Spannung liegt in der Luft, wie sich der Fahrpreis gestalten wird. „Gebt mir, was ihr für richtig haltet.“ 5 Dinar halten wir für angemessen. Er verlangt mehr, ist aber nicht bereit, das Tuch vom Taxameter zu nehmen. Wir steigen aus.
Der Perlenweg beginnt am Haus des Kalifen und führt durch enge Gassen und Souks. An einigen Häusern ist der Reichtum, den die Perlenfischerei brachte, noch zu erkennen.
Taxis zum Heranwinken sind auf Bahrains Straßen eine Seltenheit. Ein junger Mann spricht uns an. Für fünf Dinar bringt er uns zum Bahrain-Fort. Ein fairer Preis. Er will unbedingt auf uns warten und uns dann weiter chauffieren. Wir wollen zum Hotel laufen und schicken ihn weg.
Der Fahrer ist hartnäckig und wartet. Wir sind hartnäckig und laufen Richtung Quartier. Ein Büroturm weist den Weg. Nur die achtspurige Straße zwischen uns und dem Hotel haben wir übersehen. Eine Möglichkeit, sie zu überqueren, ist weit und breit nicht auszumachen. Letztendlich müssen wir ein teures Taxi nehmen.
Unweit von Manama ist die königliche Kamelfarm gelegen. Über 100 Trampeltiere, darunter auch Rennkamele, leben über das Areal verteilt. Kaum haben wir das Gelände betreten, kommt ein Tierpfleger angeradelt. „Wollt ihr zu den Kamelbabys?“ Wir nicken. Schnell holt er etwas Grünfutter und drückt es uns in die Hand, in der wir schon sein „Zubrot“ bereit halten. Für uns ist es der krönende Abschluss der Reise.