Der Krehdsch dahier gehd iewer de Wipper.
(Aus Thueringen)
Kyffhäusergebirge
Bauernkriegspanorama
Kyffhäusergebirge
Wer das größte Rundbild Deutschlands (ein Bauernkriegspanorama), die einzige Schauhöhle Europas im Anhydritgestein (Barbarossahöhle), den tiefsten Burgbrunnen der Welt (Kyffhausenburg) UND das drittgrößte Denkmal Deutschlands (Kyffhäuserdenkmal) auf einer einzigen Reise abhaken will, muss nicht kreuz und quer durch die Republik gondeln. Es reicht ein Abstecher nach Thüringen, in die beschauliche Stadt Bad Frankenhausen, wo obendrein der schiefste höchste Kirchturm der Welt steht.
Die Superlative liegen wie an einer Perlenkette entlang des Kyffhäuser-Wanderwegs. Erste Station: die Barbarossahöhle. Zwischen bizarr herabhängenden Gipslappen sitzt, der Sage nach, Kaiser Friedrich I. Barbarossa. Er döst seit Jahrhunderten an einem Marmortisch und wartet auf einen würdigen Nachfolger, der Deutschland eint. Angesichts der aktuellen politischen Lage kann man nur sagen: Er wird wohl noch ein Weilchen schnarchen.
Friedrich Rückert hat das Ganze poetisch verpackt:
Der alte Barbarossa/Der Kaiser Friedrich/Im unterird’schen Schlosse/Hält er verzaubert sich.
Er ist niemals gestorben/Er lebt darin noch jetzt/Er hat im Schloß verborgen/Zum Schlaf sich hingesetzt.
Er hat hinabgenommen/Des Reiches Herrlichkeit/Und wird einst wiederkommen/Mit ihr zu seiner Zeit.
……
Nun ja. In der Realität hat Barbarossa die deutsche Einheit verschlafen und das Feld Wilhelm I. überlassen, der 1871 das Deutsche Reich gründete. Zur Belohnung bekam er gleich ein 81 Meter hohes Denkmal auf den Kyffhäuser gestellt: unten Barbarossa, der gerade aus dem Tiefschlaf blinzelt, oben Wilhelm im Reiterstandbild. Zwei Kaiser, ein Denkmal, 247 Stufen bis zur Krone, Fitnessstudio gespart.
Von oben gibts Panorama pur: Felder, Wälder, Weite und die Erinnerung, dass hier einst die blutigsten Schlachten des Bauernkrieges tobten.
Wieder unten angekommen, lockt ein touristisches Highlight der besonderen Art: Für zwei Euro kann man am Automaten „Barbarossas Gallensteine“ erwerben und sie in den tiefsten Burgbrunnen der Welt plumpsen lassen. Ob der Brunnengeist sich davon beeindrucken lässt, ist fraglich.
Zum Abschluss empfiehlt sich die Wasserburg Heldrungen, ein weiteres Alleinstellungsmerkmal: die einzige vollständig erhaltene Festungswasserburg französischer Baukunst in Deutschland. Einst saß hier Thomas Müntzer ein, Bauernführer, Rebell, Märtyrer wider Willen bis zu seiner Hinrichtung 1525. Heute gibt es hier Führungen statt Folter, was zweifellos die angenehmere Variante ist.
Das Bauernkriegspanorama – 360 Grad Revolte
Wer in Bad Frankenhausen das Bauernkriegspanorama betritt, steht plötzlich mitten in einem Klassenkampf in Übergröße. Auf 1.722 Quadratmetern hat der Maler Werner Tübke den deutschen Bauernkrieg von 1525 verewigt. Ein gigantisches Rundgemälde, das so detailverliebt ist, dass man irgendwann nicht mehr weiß, ob man gerade auf revolutionäre Bauern, verzweifelte Fürsten oder die frühen Vorläufer der heutigen Talkshow-Gäste schaut.
Damals erhoben sich die Bauern gegen Unterdrückung, Zehntabgaben und kirchliche Macht. Heute würden sie vermutlich eine Petition starten und einen Hashtag trendfähig machen. Thomas Müntzer, der radikale Anführer, forderte damals „alles allen“, was sich heute in Koalitionsverträgen als „Bürgergeldanpassung“ wiederfinden würde.
Das Panorama selbst ist eine Mischung aus Wimmelbild und Politdrama. Man läuft eine Rampe hoch und steht plötzlich inmitten einer Welt, in der Bauern mit Heugabeln gegen Ritter in glänzender Rüstung antreten. Die Bauern haben zwar verloren, aber immerhin einen Eintrag im Geschichtsbuch bekommen.
Der Staat der DDR ließ das Monument als „Bauernkriegsdenkmal“ malen und Mahnung, dass das Volk irgendwann zurückschlägt. Und wer genau hinsieht, entdeckt in den Gesichtern der Bauern eine erstaunliche Ähnlichkeit mit so manchem Wahlplakat der Gegenwart.
Bad Frankenhausen hat mit diesem Panorama ein Kunstwerk, das mehr über Macht, Ohnmacht und gesellschaftliche Spannungen erzählt als so manche Politdebatte im Bundestag. Nur eben schöner ausgeleuchtet.