Unidade, Acção, Progresso (portugiesisch für „Einheit, Bewegung, Fortschritt“)
(Wahlspruch von Osttimor)
Reisejahr 2024
Südkorea – Neuseeland – Vanuatu – Fidschi – Tuvalu – Salomonen – Australien (Nord)
Dili – Insel Ataúro – Com – Maubisse – Balibo – Dili
Australien (West, Tasmanien) – Nauru – Marshallinseln – Föderierte Staaten von Mikronesien – Kiribati – Samoa – Tonga – Indonesien (West-Papua) – Papua-Neuguinea
Osttimor, im amtlichen Sprachgebrauch die Demokratische Republik Timor-Leste, wurde erst 2002 unabhängig und war damit der erste neue Staat im 21. Jahrhundert. Zuvor war das Land fast vierhundert Jahre lang (1586 bis 1975) eine portugiesische Kolonie und anschließend ein weiteres Vierteljahrhundert indonesisches Besatzungsgebiet. Trotz der langen und verlustreichen Widerstandskämpfe haben die Inselbewohner ihre vielfältigen Traditionen jedoch bis heute bewahrt und lassen den Weltenbummler eintauchen in die bewegende Geschichte des Landes, seine ursprüngliche Kultur sowie seine beeindruckende Natur.
Insel Ataúro
Vor allem die zahlreichen intakten Korallenriffe vor Ataúro, einer kleinen Osttimors Hauptstadt Dili vorgelagerten Insel, gelten als Naturparadies. Während Reisende von der artenreichen Unterwasserwelt mit unzähligen farbenprächtigen Fischen schwärmen, loben Einheimische vor allem die Sauberkeit der Strände und des Wassers.
Um auf die Insel zu gelangen, verbinden mehrmals pro Woche ein Schnellboot und eine Fähre das Eiland mit Dili. Ihre Fahrzeiten passen jedoch nicht zu unseren Reiseplänen und wir weichen auf den Flugzeug-Shuttle der katholischen Mission aus.
Bergig und von Riffen gesäumt liegt Ataúro in den Weiten des Pazifiks. Wellen plätschern an Sandstrände, Wanderwege schlängeln sich über die Insel, kleine Dörfer verstecken sich in grünen Hügeln.
Als wir unser am Wasser gelegenes Quartier erreichen, erleben wir eine böse Überraschung. Der grobe Sandstrand ist kilometerlang mit Müll bedeckt; weiterer Unrat wippt auf den Wellen in Richtung Ufer. „Der Wind steht ungünstig, sodass der Abfall von der Hauptinsel herübergeschwemmt wird“, erklärt unser Gastgeber. Allerdings ist er der Meinung, dass wir nur durch den Dreck schwimmen müssten, um dann an einem herrlichen Riff schnorcheln zu können.
Gesagt, getan! Wir steigen in die braunen Fluten. Kaffeebecher stoßen an die Taucherbrille, Plastefolien streifen Arme und Beine, die angepriesenen Korallen liegen unsichtbar im trüben Wasser. Angewidert kehren wir um.
Nachdem der Wind auch am nächsten Tag immer mehr Müll anschwemmt und die Alternative, eine Wanderung in das bergige Inselinnere, wegen der Hitze schon nach einer Stunde endet, brechen wir den Aufenthalt vorzeitig ab und fliegen zurück nach Dili.
Die Hauptstadt Dili
Dili ist eine quirlige Stadt mit vielen Märkten, Häusern aus der portugiesischen Kolonialzeit, einer Restaurant- und Hotelfachschule, in der weit und breit das beste Essen angeboten wird, sowie der größten Kirche Südostasiens.
Am östlichen Ende der Stadt blickt eine 27 Meter hohe Christusstatue auf das muntere Treiben. Vierzehn Kreuzwegstationen säumen die knapp 600 Stufen hinauf zum Sockel des Monuments. Die kleine Anstrengung ist lohnenswert. Von oben bietet sich eine wunderbare Aussicht auf die Bucht von Dili und weiter bis zur Insel Ataúro.
Zahlreiche Museen und Gedenkstätten erinnern wiederum an die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung im jahrhundertelangen Kampf um Unabhängigkeit.
Einen der Freiheitskämpfer, den letzten Kommandanten der bewaffneten Kräfte zur nationalen Befreiung Osttimors, ehemaliger Staatspräsident (2012 bis 2017) und Premierminister (2018 bis 2023), Taur Matan Ruak, treffen wir in seinem offiziellen Anwesen zu einer kurzweiligen Plauderei. Während der anregenden Unterhaltung lässt er von seinem Protokollchef mehrere Buchgeschenke und Tais (traditionell gewebter Stoff) bringen und verabschiedet sich nach einer halben Stunde mit einer herzlichen Umarmung.
Fahrt in Richtung Osten
Zur Erkundung des Landes haben wir ein Auto mit einem leidlich Englisch sprechenden Fahrer organisiert. Ein nicht ganz leichtes Unterfangen, da in Osttimor die Landessprache Tetum und auch Portugiesisch die Amtssprachen sind.
Der östliche Landesteil hat unser Interesse vor allem wegen der Uma Luliks geweckt, Sakralbauten, die auf animistische Glaubenspraktiken zurückgehen, die hier verbreitet waren, bevor die Portugiesen das Christentum einführten. Charakteristisch sind ihre steilen, hohen und eckigen Dächer, die mittlerweile zu einer Art Nationalsymbol wurden. Sie schmücken moderne Bauten wie den Präsidentenpalast, den Flughafen von Dili, Schulen und sogar katholische Kirchen.
An der Nordküste geht es über eine gut ausgebaute Straße in das Dorf Com. Reisfelder, Tomatenplantagen, grüne Berge, Täler und kleine Siedlungen ziehen an uns vorbei. Am Ortseingang von Com steht endlich ein Uma Lulik. Nachdem wir es bewundernd in Augenschein genommen haben, erfahren wir jedoch, dass es nur für Touristen nachgebaut wurde.
Ausflug in die Berge
Nach einer Nacht in einem der schlichten Gästehäuser in Com kehren wir nach einem Abstecher in das Landesinnere zurück nach Dili. Ursprünglich wollten wir entlang der Südküste in die Hauptstadt reisen, aber wegen der vielen Erdrutsche sind etliche Straßenverbindungen unterbrochen. „Man weiß nie, ob eine Straße morgen noch befahrbar ist“, fasst Daniel zusammen.
Je tiefer wir in das Bergland fahren, desto ursprünglicher werden die Dörfer. Traditionelle Strohhütten, Uma Luliks und portugiesische Kolonialkirchen stehen versteckt zwischen den Bäumen. Obwohl über 90 Prozent der Timorer katholischen Glaubens und die Kirchen an Sonntagen überfüllt sind, ist die christliche Religion in der Bevölkerung noch immer eng mit heidnischen Ritualen verwoben. Vor allem die Friedhöfe zeugen von dieser synkretistischen Verschmelzung. Dort stehen auf den steinernen Gräbern neben dem christlichen Kreuz auch Pfähle, die mit Büffelhörnern und -schädeln verziert sind.
Maubisse im Landesinnern
Am nächsten Tag setzen wir unsere Reise ins Landesinnere fort. Von Dili aus geht es innerhalb von Minuten auf kurvenreicher Straße in die Berge. Vorbei an Kaffeeplantagen schlängelt sich die Piste durch die herrliche Natur, ehe sie auf 1400 Metern über dem Meeresspiegel die Stadt Maubisse erreicht.
Der lebendige Ort mit Überresten portugiesischer Kolonialarchitektur und einer großen Kathedrale ist das Tor zur zentralen Bergregion des Landes. Die über den grünen Hügeln thronende Posada, ein altes Anwesen im Kolonialstil, bietet eine herrliche 360-Grad-Aussicht über die Stadt und die konischen Dächer der traditionellen Hütten. Eine Wanderung in der angenehm kühlen Luft und der Besuch eines Uma Luliks runden die Tour ab.
Balibo im Westen von Osttimor
Unser letztes Ziel in Osttimor ist die nur wenige Kilometer von der Grenze zu Indonesien entfernt gelegene Festung Balibo. Das 400 Jahre alte Gelände war ein Militärposten der portugiesischen Armee und spielte eine entscheidende Rolle bei der Festlegung der Grenzen des portugiesisch kontrollierten Osttimors und des niederländisch beherrschten Westtimors (heute ein Teil Indonesiens).
Gegenwärtig befindet sich in dem historischen, auf einem Hügel thronenden Gemäuer ein komfortables Hotel. Dort verbringen wir unseren letzten Abend auf Osttimor und lassen die vergangenen zehn Tage Revue passieren. Das Land hat uns mit seiner touristischen Unverdorbenheit und seinen herzlichen Bewohnern sehr überrascht und auch ein längerer Aufenthalt wäre nicht langweilig geworden. Zumal es in den Bergregionen überdies so einige Dörfer verschiedener Stämme mit ihren jeweiligen Traditionen zu entdecken gegeben hätte. Andererseits wird es Zeit, nach Darwin zurückzukehren und unsere Australienreise fortzusetzen.