Katar

Arm ist nicht der, der wenig hat, sondern der, der nie genug bekommen kann.
(Sprichwort aus Katar)

Reisejahr 2018

Libanon – Doha – Zekreet

Katar

Die Einreise nach Katar ist wie die Einreise in den Libanon unkompliziert und kostenlos, jedoch ungleich zeitaufwendiger. 45 Einreiseschalter verheißen auf den ersten Blick eine schnelle Abfertigung. Es sind jedoch nur 20 besetzt und die Warteschlange wird von Flughafenangestellten aufgeteilt. Wir erwischen den ineffizientesten Beamten von allen. Gelangweilt hängt er in seinem Kabuff ab, chattet mit Kollegen und nur ab und an bearbeitet er einen Pass.

Dafür überrascht uns die Fahrt mit dem Taxi zum Hotel mit unerwarteter Transparenz. Über einen Bildschirm werden der Name des Fahrers, der Streckenverlauf und der Preis im Detail angezeigt.

Nichtraucherzimmer sind in den Hotels auf der arabischen Halbinsel nur schwer zu bekommen. Trotz Buchung eines solchen ist keines frei. Vorsichtig fragt die Rezeptionistin, ob wir statt des gebuchten Zimmers für 50 Euro/Nacht auch mit der Junior-Suite für 350 Euro/Nacht einverstanden wären, natürlich ohne Aufpreis.

Die meisten Touristen reisen für einen mehrstündigen Zwischenstopp in das Land. Wir haben uns dagegen für zwei volle Tage Aufenthalt entschieden.

Schemenhaft schimmert die Skyline Dohas durch die diesige Luft. Nur die leuchtend weißen Plakate mit dem stilisierten Porträt des Königs, die über mehrere Etagen an den Fassaden der Hochhäuser angebracht sind, leuchten durch den herumwirbelnden Staub. Autos und Restaurants sind ebenfalls mit diesem Aufkleber geschmückt. Ein junger Mann erklärt uns den Hintergrund: „Wir Katarer zeigen seit dem Embargo der Länder Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Bahrain und Ägypten auf diese Art unsere Verbundenheit zum Königshaus.“ Katar wurde von der Allianz vorgeworfen, Terrororganisationen wie die Muslimbrüder sowie Gruppen, die vom Iran gefördert werden, zu unterstützen.

Nachtrag: 2021 wurde der Streit beendet und wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen.

Blick auf die Insel Pearl in Katar
Blick auf die Insel Pearl
Boote vor der Skyline
Boote vor der Skyline
Doha

Irgendwo haben wir „Pearl“ aufgeschnappt. Klingt gut, denken wir, steigen in ein Taxi und landen auf einer künstlich angelegten Insel für VIPs, die dort in Hochhäusern, die im wenig originellen mediterranen Stil errichtet wurden, teuer leben.

Die Fahrt durch „Pearl“ nutzen wir, um das Leben der Katarer kennenzulernen und steigen an einer Shoppingmall aus. Über mehrere Etagen verteilt, glitzert es aus Läden mit Luxusmarken, Verkäuferinnen schieben Kleiderbügel hin und her. Die allesamt vom Subkontinent stammenden Bediensteten sind die Einzigen, die Leben in die Mall bringen. Katarer schauen erst am Abend zu Lichtshows und Familienprogramm vorbei.

Arbeiter vom Subkontinent sind auch die Einzigen, die überall jobben. Sie verdienen durchschnittlich 290 Euro/Monat (Stand 2018), Unterkunft und Transport zur Arbeitsstelle sind kostenfrei. Abhängig vom Arbeitgeber leben sie zu dritt in kleinen Zimmern, bis zu zwei Stunden von der Arbeitsstelle entfernt. Die im Grunde guten Rahmenbedingungen, die die Regierung vorgibt, werden von den Unternehmen meist unterlaufen.

Unser Höhepunkt in Doha ist der Besuch des traditionellen arabischen Marktes Souq Waqif mit einem Haustiermarkt, auf dem vor allem Singvögel verkauft werden, und dem Falkenmarkt. Restaurants und Shisha-Cafés stehen dicht gedrängt in der westlich-konsumorientierten Hauptgasse des Basars.

Souq-Waqif
Souq Waqif
Falkenkrankenhaus-Katar
Falkenkrankenhaus
Falkenmarkt-Katar
Falke zum Verkauf

In Katar ist der Falke Statussymbol und Teil der Familie. Die Läden sind echte Fachgeschäfte, im angeschlossenen Falkenkrankenhaus werden die Vögel für viel Geld behandelt. Während Frauen sich um die Gesundheit der Familienmitglieder kümmern, ist das Wohlbefinden der Falken Männersache.

Trotz Bummel auf der Corniche (Uferpromenade) zum alten Dhau-Hafen, zur großen Moschee und dem Präsidentenpalast sind noch zehn Stunden bis zum Abflug übrig.

In der Nähe der Ortschaft Zekreet, 80 Kilometer von Doha entfernt, steht ein für eine Filmserie nachgebautes, altes arabisches Dorf. Das könnte schön anzusehen sein, denken wir und winken einen Taxifahrer heran.

Bauboom in der Wüste

Kilometerlange Baustellen hüllen die Landschaft in dichten Staub. Neben Wohnblöcken und immer noch größeren Shoppingmalls wird an Bahnhöfen und Gleisanlagen für eine Metro gebaut. Der Fahrer empfiehlt uns den Besuch des größten Einkaufszentrums der Welt: „Es ist so wunderbar dort. Abends gibt es eine Lichtshow und viel Erlebnisprogramm.“ Wir lächeln höflich.

Er entschuldigt sich für den Fahrpreis: 12 Euro/Stunde. „Seit dem Embargo ist Benzin so teuer wie Wasser (50 Cent). Vorher war Wasser doppelt so teuer wie Benzin. Auch die Preise für Lebensmittel, vor allem Gemüse, sind gestiegen. Harte Zeiten, aber wenn die Blockade vorbei ist, wird alles, wie es war“, gibt er sich zuversichtlich.

Die Straße ist gut ausgebaut, wird etwas holprig als wir Richtung Zekreet abbiegen und verschwindet plötzlich im Wüstensand. Der Fahrer hält: „Für diese Piste ist das Auto nicht geeignet.“ So wichtig ist uns das Filmset nicht, wir haben einiges vom Hinterland gesehen und sind zufrieden.

Katar ist Austragungsort der Fußball Weltmeisterschaft 2022. Auf dem Rückweg halten wir an einem 250 Hektar großen Sportkomplex zu dem unter anderem eines der weltweit größten Trainingszentren, das höchste Gebäude Katars – ein 318 Meter hoher Turm – und das Khalifa International Stadion gehören.

The-Torch-Katar
The Torch, das höchste Gebäude Katars
Trainingszentrum
Trainingszentrum
Katar-Khalifa-International-Stadion
Khalifa International Stadion

Das Stadion wurde 1976 eröffnet, 2006 für die Asienspiele umfassend renoviert und für die WM 2022 modernisiert. An einem nicht vollständig geschlossenen Tor können wir einen Blick ins Innere des Stadions wagen. Ein Wachmann hindert uns jedoch am Betreten der Arena. „Die Kamera ist an“, sagt er leise und zeigt mit dem Kopf dezent hinter uns.

Die Kameras: Polizei sieht man in Katar nicht, dafür ist der öffentliche Raum engmaschig videoüberwacht.

Wir haben immer noch Zeit übrig, lassen uns am Souq Waqif absetzen, essen auf dem Sockel einer Werbetafel sitzend ein paar Kastanien und schauen den Straßenkehrern zu, die uns permanent umkurven, in der Hoffnung, etwas zusammenfegen zu können.

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