Das Gespräch ist mehr wert als getane Arbeit.
(Sprichwort aus Burundi)
Reisejahr 2025 | Lesezeit 7 Minuten
Bujumbura (Mount Heha) – Gitega – Kirundo – Ngozi – Bujumbura (Rusizi-Nationalpark)
Von unserem ursprünglichen Plan, die Reise durch Benin und Togo in Burkina Faso fortzusetzen, nehmen wir aufgrund der aktuellen Lage im Land und der damit verbundenen eingeschränkten Erreichbarkeit der für uns interessanten Sehenswürdigkeiten Abstand. Stattdessen entscheiden wir uns für einen Ausflug ins Herz von Afrika nach Burundi.
Allerdings wird dem Gast die Einreise am Flughafen von Bujumbura von der burundischen Regierung nicht leicht gemacht. Aufgrund bürokratischer Hürden kann es durchaus drei Stunden bis zum Erhalt eines Visums dauern, selbst wenn man im Voraus ein „Visa on Arrival“ online beantragt hat.
Burundi zählt zu den am dichtesten besiedelten Ländern Afrikas; zudem verzeichnet es das weltweit geringste Pro-Kopf-Einkommen. Die große Mehrheit der Bevölkerung lebt von der Subsistenzlandwirtschaft. Zwar werden Tee und Kaffee auch für den Export angebaut, aber das erwirtschaftete Geld reicht nur für wenig Importe (auch durch die Verschwendung der geringen Ressourcen durch den Neubau von Regierungsgebäuden); vor allem mangelt es an Benzin.
Wandern auf den Mount Heha und zum Mwaro-Wasserfall
Am nächsten Tag starten wir mit Odile und Eddie ins Umland von Bujumbura. In der Innenstadt geht es nur im Schritttempo vorwärts; Menschen eilen auf den Straßen zur Arbeit; vor einer Zapfsäule steht eine endlose Reihe von Minibussen. Obwohl an der Tankstelle nur der öffentliche Verkehr tanken darf, reicht der Treibstoff nicht und die Leute sind gezwungen, ihre Wege per pedes zurückzulegen. Aber auch Fahrräder und Mopeds sind keine zu sehen. „Sie wurden verboten, nachdem Passanten beim Vorbeifahren zu oft Taschen aus der Hand gerissen wurden“, erzählt Odile.
Kaum haben wir die Stadt verlassen, kommen uns Männer mit schwer beladenen Rädern entgegen. Meterhoch türmen sich Waren aller Art auf den Gepäckträgern. Oft werden zwei bis drei Leute gebraucht, um ein Fahrrad schieben zu können.
Die flache Stadtlandschaft weicht rasch den charakteristischen grünen Hügeln und Tälern. An den Hängen erstrecken sich Felder, auf denen Gemüse, Getreide und Obst angebaut werden. Unser Ziel Mount Heha, der mit 2684 Metern höchste Berg Burundis, ist umgeben von Kartoffeläckern. Eddie, der Fahrer, holpert über die schlaglochübersäte Piste, bis sie endgültig nicht mehr weiter befahren werden kann. Etwa eine Stunde dauert die anschließende Wanderung auf regennassen Pfaden, durch lichte Wälder und über einen steilen Hang hinauf zum Gipfel. Dieser wiederum präsentiert sich als ein von Bäumen umrahmtes, unspektakuläres Plateau.
Eindrucksvoller ist hingegen das nächste Ziel: die Mwaro-Wasserfälle. Leute aus allen Regionen Burundis reisen zu den Kaskaden, um ihrem Gottkönig Kiranga, der hier einst als Mittler zwischen dem traditionellen Gott und den Menschen wirkte, zu huldigen. Nach einer Nacht der Verehrung nehmen die Gläubigen noch ein rituelles Bad, um Körper und Geist zu reinigen, ehe sie in ihre Dörfer zurückkehren.
Nilquelle und Wasserfälle
Wir verlassen Bujumbura und reisen in Richtung Süden. Vorbei geht die Fahrt an sanften Hügeln und durch kleine Dörfer, bis wir am südlichsten Ursprung des Nils ankommen. Statt einer kraftvoll sprudelnden Quelle erwartet uns jedoch ein dünner, aus einem Rohr in ein Auffangbecken fließendes Rinnsal. Die etwas heruntergekommene Konstruktion aus himmelblauen bröckelnden Fliesen erinnert eher an eine Kneippanlage zum Wassertreten.
Immerhin legte der Entdecker der Quelle, ein Deutscher namens Burkhard Waldecker, die knapp 7000 Kilometer von der Mündung des Nils bis hierher zu Fuß zurück. Zur Erinnerung an die vier Jahre dauernde Wanderung ließ er oberhalb des Gewässers eine kleine Pyramide errichten.
Wesentlich wilder stürzen hingegen die Karera-Wasserfälle in die Tiefe. Umgeben von üppiger Vegetation hat das hinabrauschende Wasser der vier Hauptkaskaden eine Gesamtfallhöhe von etwa 80 Metern. Einen wunderbaren Blick auf das Naturschauspiel bietet eine Hängebrücke, die auch verschiedene Wanderwege miteinander verbindet.
Die Trommler von Gishora
Neben der üppigen Natur ist Burundi vor allem für seine königlichen Trommeln bekannt. Geburtsort und wichtigstes Heiligtum der Trommeltradition ist das ehemalige Zentrum der burundischen Monarchie auf dem Feld von Gishora. Nur wer vom König berufen wurde, durfte die hüfthohen Trommeln schlagen. Frauen ist es allerdings verboten, da der Trommelschlägel einen Phallus symbolisiert. Heute erklingen die traditionellen Trommeln vor allem bei feierlichen Veranstaltungen wie an Neujahr und zum Unabhängigkeitstag.
Der Auftritt der „Batimbos“ genannten Trommler folgt einer traditionellen Zeremonie. Während die farbenfroh in Rot, Grün und Weiß gekleideten Musiker am Anfang und Ende der Darbietung ihre bis zu 100 Kilogramm schweren Trommeln auf dem Kopf tragen und sie dabei mit den Stöcken schlagen, werden die Instrumente für die eigentliche Aufführung im Halbkreis aufgestellt. Nacheinander treten die Batimbos hervor, tanzen mit ganzem Körpereinsatz zu den wilden Trommelklängen und zeigen dabei akrobatische Kunststücke.
Das Feld von Gishora liegt nur wenige Kilometer von Gitega, der politischen Hauptstadt Burundis entfernt. Die provinziell geprägte Stadt wirkt auf uns jedoch so langweilig, dass wir sie gleich am nächsten Morgen nach dem Besuch des Nationalmuseums und der Kathedrale wieder verlassen.
Burundis Norden: Rwihinda-See und der „Tanz der Helden“
Noch im Stadtgebiet kommen wir an einer Tankstelle vorbei, an der es gerade Benzin gibt. Freudig lenkt Eddie das Auto zur Zapfsäule. Vergeblich. Um tanken zu dürfen, hätte er am Vortag eine Genehmigung beantragen müssen. Erst am Nachmittag wird er auf einem Hinterhof zwei Kanister Benzin zu Schwarzmarktpreisen kaufen können.
Nach einer schönen Bootsfahrt über den als Überwinterungsgebiet von Zugvögeln bekannten See Rwihinda (See der Vögel) und einem kurzen Spaziergang auf einer seiner Inseln sehen wir in einem kleinen Dorf noch ein letztes Mal einem traditionellen Tanz zu.
Dieser Intore genannte „Tanz der Helden“ wurde früher nach einem Sieg von den Kämpfern der burundischen Königsgarde aufgeführt und diente sowohl der Unterhaltung für das Volk als auch der Darstellung der Tapferkeit und Loyalität der Krieger gegenüber der Monarchie. Gekleidet sind die Tänzer mit einem Leopardenfell, aufwendigem Kopfschmuck, Glöckchen an den Knöcheln und einer Halskette aus Elfenbein.
Das Spektakel lockt auch die Kinder aus der nahegelegenen Schule an. Während die Tänzer im Rhythmus der traditionellen Trommeln und Hörner springen und ihre Speere und Schilde schwingen, nutzen die Schüler die Gelegenheit und testen die Echtheit meiner Haare, indem sie vorsichtig an meinem Pferdeschwanz zupfen.
Die Umgebung von Bujumbura
Am Folgetag kehren wir zurück nach Bujumbura. Ziegelmanufakturen, Reis- und Teefelder prägen abwechselnd die Landschaft. Lkw fahren langsam auf der kurvenreichen Straße; eine immer länger werdende Fahrzeugkolonne schleicht hinterher. Die meisten der Transporter haben Radfahrer, die sich an der Ladefläche festhalten, im Schlepp; an Tiefladern mit Containeraufsatz klammern sich Jugendliche an deren Türen fest.
Da Bujumbura bis auf ein paar teilweise umfriedete und dadurch unzugängliche Denkmäler kaum veritable Sehenswürdigkeiten hat, erkunden wir bevorzugt die Umgebung. In der Ortschaft Mugere erinnert ein Felsen an das legendäre Aufeinandertreffen des verschollenen schottischen Missionars und Afrikaforschers David Livingstone und seinem Entdecker Henry Morton Stanley im Jahr 1871. In Wirklichkeit fand die Begegnung aber schon zwei Wochen früher in Ujiji im heutigen Tansania statt. Erst anschließend reisten sie gemeinsam nach Mugere.
Nur 15 Kilometer von Bujumbura entfernt liegt der Rusizi-Nationalpark, ein flaches Überschwemmungsgebiet des Rusizi-Flusses mit schilfgesäumten Wasserstraßen und einer reichhaltigen Tierwelt. Davon sehen wir bei einer Bootstour jedoch herzlich wenig. Ein Krokodil, zwei Nilpferde sowie ein Graureiher und ein Kormoran sind die gesamte Ausbeute. Und da sich im Motor nur noch ein Rest an Benzin befindet, reicht der Treibstoff gerade für eine kurze Spritztour zum Tanganjikasee – dorthin, wo das blaue Wasser des Sees und der schlammig-braune Fluss aufeinandertreffen.
Nachdem wir nun Burundi von Ost nach West und von Nord nach Süd durchquert haben, beenden wir mit diesem letzten Ausflug unsere Afrika-Reise und kehren zurück nach Deutschland.