Selten kommen großes Glück und Verstand zusammen.
(Sprichwort aus Kroatien)
Reisejahr 2020
Motovun – Plitvicer Seen – Krka – Split – Insel Korcula – Dubrovnik – Montenegro
„Wo ist der Schatz? Na schön, wir finden den Schatz auch ohne dich!“ (aus „Schatz im Silbersee“)
Wir machen uns auf in das Land von Winnetou und Old Shatterhand. Während die Helden aus den Karl-May-Filmen jedoch hoch zu Ross auf Schatzsuche durch Kroatien ritten, bevorzugen wir die bequemere PS-Variante mit dem Mietwagen.
Istrien: auf der Suche nach Trüffeln
In Motovun, einem kleinen mittelalterlichen Ort mit engen gepflasterten Gassen, mieten wir eine Ferienwohnung in einem der jahrhundertealten Häuser. Das Dorf ist umgeben von Weinbergen und Wäldern, in denen mit Hunden nach Trüffeln gesucht wird.
Ein ruhiger Ort, wenn nachts nicht die Hunde jaulen würden. Wahrscheinlich sind sie vom Jagdfieber erfüllt und auch wir lassen uns die Teilnahme an einer Trüffeljagd nicht entgehen. Mit Stephano und seinen vier Hunden streifen wir 1,5 Stunden durch den Wald. Von den vier Hunden rennen drei wie wild herum, schnüffeln und scharren. Nur der vierte, ein Beagle, läuft ruhig und etwas abseits, die Nase am Boden, findet Trüffel und frisst sie in Ruhe. Stephano rennt derweil hinter den anderen Hunden her. Sowie sie zu scharren anfangen, muss er bei Ihnen sein, sonst ist die Ausbeute gefressen. Momentan sind die Trüffel aber von schlechter Qualität. Sie sind madig und die Zeit der kostbaren weißen Trüffel beginnt erst im September.
„Zur richtigen Trüffeljagd nehme ich nur zwei Hunde, manchmal drei Hunde mit“, erzählt Stephano. „Nicht jeder Hund ist geeignet. Rocky, der Beagle, hat nach zwei Monaten Training Trüffel gewittert, Lucky nach drei Jahren noch nicht einen einzigen.“ Weiße Trüffel liegen tief in der Erde versteckt und bringen pro Kilo 4500 Euro, schwarze, die direkt unter der Erdoberfläche wachsen, dagegen nur 300 Euro pro Kilo.
Mit den Dörfern Oprtalj, Groznjan, Pazin und der „kleinsten Stadt der Welt“ Hum besuchen wir in den folgenden Tagen die Vergangenheit in der Gegenwart, durchstreifen idyllische Gassen und blicken in die Weite auf Olivenhaine und Weinberge.
Zum Abschluss des Tages gibt es in Motovun jeden Abend Gerichte mit schwarzem Trüffel. Sie schmecken ausgezeichnet, dazu trinken wir Wein aus der Region. Wir sind uns sicher: Kroatien wird ein Schlemmerurlaub werden.
Plitvicer Seen: 16 glasklare Seen, verbunden durch unzählige Wasserfälle
Nach drei Tagen in mittelalterlicher Umgebung folgen wir der Fährte Winnetous zum Silbersee im Nationalpark Plitvicer Seen. Er ist vor allem bei deutschen Urlaubern ein begehrtes Reiseziel. Wir nutzen auf der Autobahn daher den Verkehrsfunk, der regelmäßig über Verkehrsmeldungen auf Kroatisch, Englisch und Deutsch informiert.
Um dem Besucheransturm an den Haupteingängen zu entgehen, haben wir uns in der Nähe zum „Nebeneingang“ 3 ein Zimmer gemietet. Der Eingang liegt perfekt in der Mitte des Nationalparks. Ein E-Boot schippert die Gäste über die glasklaren, türkis leuchtenden Seen zu den anderen Eingängen.
Anderthalb Tage haben wir für den Besuch des Nationalparks vorgesehen. Am Tag unserer Ankunft erkunden wir die unteren Seen: Holzstege bilden das Wegenetz, Wasserfälle rauschen in türkisfarbene Seen, unter deren glasklarer Oberfläche Baumstämme wie versunkene Schiffe liegen. Blankgewetzte hohe Stufen führen vom Silbersee hinauf in die Höhle, in der Indianer „Großer Bär“ den Schatz bewachte.
„Wie war es? Wollt ihr einen Slivovic?“, werden wir bei unserer Rückkehr vom Gastgeber gefragt. Wir vertagen den obligatorischen Schnaps auf das Abendessen, das es ohnehin in einer Stunde gibt.
Zur Wanderung um die oberen Seen starten wir früh am kommenden Morgen. Nach ein paar Kilometern am Ufer entlang geht es steil bergauf. Solange wir uns oberhalb der Seen bewegen, haben wir die Ausblicke für uns allein. Kaum erreichen wir die Nähe des Ufers, wimmelt es von Urlaubern. Statt dem Touristenstrom zu folgen, laufen wir in die entgegengesetzte Richtung. So haben wir ab und an ein paar Minuten Zeit, um das Naturschauspiel der aus unterschiedlichen Höhen in die Tiefe stürzenden Wasserfälle in Ruhe betrachten zu können.
Fluss Zrmanja: ein Abstecher zu Winnetous Pueblo
Auf Winnetous Pfaden geht es weiter durch das Land. An einem unscheinbaren Hinweisschild stellen wir das Auto ab und laufen in flirrender Hitze durch die steppenartige Landschaft zu einem Plateau über dem Fluss Zrmanja, der sich blau schimmernd um die Felsen windet. Dort stand das Pueblo, Winnetous Heimat; ein Sockel im Gestein erinnert an den Totempfahl, an den Old Shatterhand gebunden war, bevor er und Winnetou Blutsbrüder wurden.
Nationalpark Paklenica: spektakuläre Schluchtenlandschaft
Die Fährte führt uns weiter in den Canyon Velika Paklenica. Senkrecht erheben sich die Felsen über uns in den strahlend blauen Himmel. Über von Wasser und Schuhen blank und rutschig polierten Felsen wandern wir durch die tiefe Schlucht, in der eine Postkutsche überfallen wurde (Schatz im Silbersee), der Saloon eines Goldgräberdorfes stand (Unter Geiern) und Banditen (Old Surehand I) unterwegs waren.
Wir setzen den Weg bis zum Forsthaus fort, rasten und bekommen unsere erste Mahlzeit des Tages. Wie im Wilden Westen üblich gibt es Dicke-Bohnen-Eintopf.
Nationalpark Krka: die Flusslandschaft der Krka
Winnetous Spuren folgend geht es weiter nach Krka. Auch hier gibt es wieder einen herzlichen Empfang: „Auf dem Tisch steht eine Schale voll Obst, im Kühlschrank ist selbst gemachter Wein“ begrüßt uns die Gastgeberin. Einen Tipp gibt sie uns noch: „Fahrt morgen so früh wie möglich zum Wasserfall im Nationalpark, bevor die Massen kommen, und geht dort baden. Ab dem kommenden Jahr ist das Baden verboten.“
Wir folgen ihrem Ratschlag und werden für das frühe Aufstehen mit einem freien Blick auf die imposant über mehrere Kaskaden in den See stürzenden Wasserfälle und einem ungestörten Bad im See belohnt. Außer uns schwimmt nur ein weiteres Paar im glasklaren, angenehm kühlen Wasser, an dessen Ufer die romantischen Szenen zwischen Nscho-tschi und Old Shatterhand (Winnetou I) gedreht wurden.
Eine Stunde später ist der See voll mit Badegästen; wir spazieren noch auf Holzstegen entlang der in verschiedenen Farben leuchtenden Wasserfälle und fahren zurück nach Krka. Im Minutentakt kommen uns nun Ausflugsboote entgegen.
Ein paar kurze Wanderwege im Nationalpark haben wir uns noch herausgesucht. Das Thermometer erreicht die 40-Grad-Celsius-Marke, die Wanderlaune schmilzt dahin. Nur der kurze Wanderweg mit dem Postkartenblick auf das Inselkloster Visovac soll es noch sein. Wir fahren wegen der fehlenden Hinweisschilder auf gut Glück los. In einem der in der Mittagshitze verlassen liegenden Dörfer weht an einem Abzweig die Fahne Kroatiens. Das muss der Weg sein, denken wir.
Brütende Hitze liegt über dem staubigen Pfad durch die Ödnis. Nach einer gefühlt endlos langen Wanderung erreichen wir den See. In einiger Entfernung ist das Dach des Klosters zu sehen. Innerlich stöhnen wir auf, wissen jetzt jedoch, wohin wir fahren müssen.
Der zweite Versuch gelingt. Von der Bank eines Parkplatzes aus und ganz ohne Wanderung haben wir den gesuchten Postkartenblick auf das Kloster.
Split: die Altstadt im ehemaligen römischen Kaiserpalast
Wegen der Hitze fahren wir eher als geplant nach Split weiter, geben das Auto zurück und beziehen unser Quartier in der Außenmauer der Altstadt.
Die Altstadt von Split befindet sich innerhalb der 18 Meter hohen Mauern eines rund 1700 Jahre alten ehemaligen römischen Kaiserpalastes. Kaiser Diokletian ließ die Anlage, die zugleich standesgemäßer, komfortabler Alterssitz und wehrhafte Festung sein sollte, errichten. Im Lauf der Jahrhunderte füllte sich die Fläche des Palastes mit kleinen Kirchen und Wohnhäusern in verwinkelten Gassen. Einige von ihnen werden mit Holzgerüsten gestützt, damit sie nicht gegeneinander fallen.
Lavendelduft liegt in der Luft. Duftsäckchen, Honig und Öle aus Lavendel werden an jeder Ecke angeboten. Zum Glockenschlag um 12 Uhr erklimmen wir den Glockenturm der Kathedrale, essen später eine Kleinigkeit in einem der unzähligen Restaurants und verlassen nach zwei Tagen die sehr sehenswerte Stadt mit der Fähre zur Insel Korcula.
Korcula: ein Edelstein unter den Inseln Kroatiens
In der Sonne leuchtend präsentiert sich die Stadt Korcula auf dem Hügel einer Landzunge. Der Vermieter holt uns vom Hafen ab. Zehn Minuten dauert die Fahrt zur Ferienwohnung, zu Fuß benötigt man drei Minuten. Allerdings liegen 80 Treppenstufen zwischen Ufer und Quartier.
Über eine steinerne Treppe geht es auch hinauf zum Stadttor, über dem der Markuslöwe wacht. Die Markuskathedrale mit Gemälden von Tintoretto, Kirchlein, kleine Läden und Restaurants laden in den schmalen Gassen zum Besuch ein, an der Uferpromenade reiht sich Lokal an Lokal.
Die Restaurants haben wegen Corona bis auf sehr wenige Ausnahmen erst seit zwei Wochen wieder geöffnet. Bis dahin gab es auf der noch im letzten Jahr völlig überlaufenen Insel kaum Touristen. Die zahlungskräftigen Kunden, die mit dem Flieger über Dubrovnik oder Split anreisen, fehlen weitestgehend auch heute noch. Der Frust darüber ist bei so manchem Kellner zu spüren. Nur 30 Prozent des Umsatzes der Vorjahre werden im Tourismus erreicht. In Istrien, wo sich viele Deutsche tummeln, waren es noch 50 Prozent, in Dubrovnik werden es nur noch 20 Prozent sein.
Unweit des Hafens steht das Haus der Familie von Marco Polo. Leider müssen wir uns mit einem Blick durch das Fenster begnügen – wegen Corona ist es geschlossen. Im Hafen werden Fahrten mit dem Wassertaxi auf einige der Inseln in der Nähe von Korcula, an deren Ufern es sich gut baden lassen soll, angeboten. Zwei Inseln haben wir uns herausgesucht, Badija und Vrnik. Am Pier sagen wir dem Taxikapitän, zu welcher Insel wir wollen und verabreden beim Aussteigen eine Abholzeit.
Das Franziskanerkloster auf der Insel Badija ist leider nicht zugänglich. Aber wir sind ja zum Baden auf die Insel gekommen. Nach einem kurzen Fußmarsch finden wir eine geeignete Stelle, um über Felsen und Geröll in das Wasser zu gelangen. Ehe wir in dem angenehm kühlen Nass schwimmen können, gilt es jedoch, glatte Steine, Seeigel und Muscheln, die im Wasser liegen, zu überwinden. Das trübt den Badespaß etwas.
Auf Vrnik, der Schatzinsel, befindet sich der älteste Steinbruch der Gegend. Einen noch nicht von Badenden okkupierten Zugang zum Meer finden wir nicht, umrunden die kleine Insel, soweit es geht, und sind froh, als wir wieder abgeholt werden. Morgen werden wir dem Rat unseres Vermieters folgen: „Auf Korcula trinkt man ein Bier und relaxt.“
Dubrovnik: Perle der Adria
Entspannt reisen wir weiter nach Dubrovnik. Für die Fahrt vom Hafen bis zum Quartier in der Altstadt nutzen wir ein Taxi. Wir fragen den Fahrer, was eine Fahrt nach Budva in Montenegro kosten würde und verhandeln den Preis auf 110 Euro. Ursprünglich wollten wir mit dem Bus nach Budva fahren, um dort einen Mietwagen zu übernehmen. Wegen der aktuellen Lage ist der Busverkehr jedoch eingestellt.
Eine grenzüberschreitende Autovermietung gibt es nicht, da kroatische Kennzeichen in Montenegro nicht gern gesehen sind und umgekehrt. Ein Relikt aus der Zeit des Kroatienkrieges, als Montenegro im Staatsverband mit Serbien und unterstützt von der jugoslawischen Volksarmee gegen die einseitig von Kroatien erklärte Unabhängigkeit kämpfte.
Durch das Pile-Tor betreten wir die Altstadt. Vor uns liegt hell glänzend die marmorgepflasterte Hauptstraße. Durch schmale, steile Gassen laufend und dabei herumliegendem Katzendreck ausweichend, erreichen wir die Ferienwohnung in einem ausgebauten Dachgeschoss. Von hier haben wir einen ausgezeichneten Blick über die Dächer der Stadt und erhalten gleichzeitig einen Eindruck von den Zerstörungen im Kroatienkrieg, als die Altstadt 1991 mit Granaten und Raketen beschossen wurde: Nur auf wenigen Dächern liegen noch die Originalziegel, die neu gedeckten Dächer haben Terrakottaziegel in einem helleren Ton.
Zwei Kilometer lang und bis zu 25 Meter hoch umschließt die Stadtmauer den historischen Kern. Über steile Stufen erklimmen wir den Weg auf der Mauer und umrunden die Altstadt. Es ist früher Abend und Essensduft strömt zu uns herauf.
Nach dem Rundgang machen wir uns auf die Suche nach einem Lokal. Derer gibt es viele; wir tingeln von Speisekarte zu Speisekarte. Vor einem leeren Restaurant spricht uns der Kellner im Flüsterton an: „20 Prozent Rabatt auf alles.“ Um sicher zu sein, dass wir ihn verstanden haben, schreibt er seine Worte auf einen Block, den er uns unter die Nase hält.
Wir überlegen kurz. Die Karte ist ansprechend, die Preise sind es auch, wir setzen uns. Die Strategie des Kellners geht auf: Kaum sitzen wir, füllt sich das Lokal.
Ein wenig genießen wir noch das abendliche Flair der Stadt. Während auf der Hälfte, in der wir wohnen, der Katzendreck in den Gassen dominiert, stehen auf der anderen Seite Bäume in großen Pflanzkübeln vor den Häusern, sitzen Nachbarn auf den Treppenstufen und unterhalten sich über die Treppenabsätze hinweg.
In den Mauern und Festungen Dubrovniks wurden Szenen der Serie Game of Thrones gedreht, unschwer zu erkennen an den vielen Läden mit Merchandising-Artikeln. Nachdem wir auf der als Schauplatz dienenden Stadtmauer unterwegs waren, besichtigen wir noch die Festung Lovrjenac, die direkt vor den Mauern liegt. Drinnen gibt es allerdings nichts zu sehen. Dafür ist der Blick von den Zinnen auf die Adria, die Altstadt und die Insel Lokrum sehr schön.
Begeistert von der herrlichen Natur Kroatiens und dem ausgezeichneten Essen verlassen wir das Land und reisen weiter nach Montenegro.