Libertas (lateinisch für „Freiheit“)
(Wahlspruch von San Marino)
Reisejahr 2025 | Lesezeit 4 Minuten
Umgeben von den Regionen Emilia-Romagna und Marche liegt mitten in Italien die älteste Republik der Welt – San Marino. Die gleichnamige Hauptstadt beeindruckt schon von Weitem mit ihrer Lage an den Hängen des 739 Meter hohen Monte Titano.
Gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (rund 34.000 Einwohner) gehört der Zwergstaat zu den weltweit reichsten Ländern, hat eine großzügige Steuergesetzgebung, keine Staatsschulden, eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten der Welt und eine der höchsten Lebenserwartungen für Männer.
Ein früher prominenter Bewunderer San Marinos war Napoleon. Den Erzählungen nach befahl er während seines Italienfeldzuges den Truppen, die Grenzen zur Republik San Marino nicht zu überschreiten. Seine Wertschätzung für den Staat äußerte er durch Geschenke wie zwei Kanonen, mehrere Fuhren Getreide und das Angebot einer territorialen Ausdehnung bis zur Adria. Die San-Marinesen ließen die Möglichkeit der Landerweiterung jedoch unbeachtet, schickten die Geschütze wieder zurück und behielten nur die Getreidelieferung.
Ankunft in San Marino
Für die Anreise nach San Marino entscheiden wir uns für die Kombination aus einem Flug nach Bologna, einem anschließenden Zugtransfer nach Rimini und der Weiterfahrt mit dem Taxi.
Auf dem Monte Titano
Den nächsten Tag verbringen wir in der auf dem Berg gelegenen Hauptstadt. Ein schmaler, schneebedeckter Trampelpfad schlängelt sich von unserer an den westlichen Hängen des Monte Titano liegenden Unterkunft steil aufwärts zu Parkplätzen und -häusern, die, obwohl Wochenende ist, gespenstisch leer stehen. Anscheinend schrecken die winterlichen Temperaturen die normalerweise in Scharen einfallenden Tagestouristen aus Rimini und Bologna ab.
Den Eingang zum mittelalterlichen Stadtkern bildet seit jeher das Tor des Heiligen Franziskus. Unser erster Eindruck wird jedoch trotz der engen, kopfsteingepflasterten Sträßchen durch den Anblick unzähliger Souvenirläden, Boutiquen und Waffengeschäfte getrübt. Erst auf den zweiten Blick entdecken wir in den steilen, verwinkelten Gassen mehrere Kulturdenkmäler, darunter das Staatsmuseum, den Regierungspalast sowie die neoklassizistische Basilika des Heiligen Marinus.
Marinus, der Nationalheilige San Marinos, gilt als der Begründer des im Jahre 301 entstandenen Staates. Sein Abbild steht als Bronzestatue vor dem Rathaus (Sitz des Parlaments) auf dem Platz der Freiheit. Leider können wir das Regierungsgebäude nicht besichtigen, da Vorbereitungen auf eine in zwei Tagen stattfindende Sitzung getroffen werden. Dafür entschädigt uns der herrliche Blick vom großzügig gestalteten Freiheitsplatz über die grünen Hügel der Emilia-Romagna bis zu den schneebedeckten, schroffen Gipfeln des Apennins.
Die Befestigungsanlage
Zum Schutz der Stadt erheben sich drei Festungen mit ihren mittelalterlichen Türmen auf den Gipfeln des Berges: die Rocca Guaita, das Castello della Cesta und der Torre Montale.
Die unmittelbar über der Altstadt errichtete Rocca Guaita ist die älteste der Burgen. Ihren Turm, der ohne Fundament direkt auf dem nackten Felsen steht, kann man besteigen. Belohnt wird die Mühe mit einem weiten Panoramablick, der bis nach Rimini und zur Adria reicht.
Eine wunderbare Aussicht bietet auch der auf dem höchsten Gipfel stehende Turm des Castello della Cesta, der Torre Montale hingegen kann nicht erklommen werden. Verbunden sind die Burgen Guaita und Cesta durch den sogenannten Hexenpass. Dort trafen sich der Legende nach im Mittelalter Hexen, um mystische Rituale auszuführen.
Das Parlament
Der nächste Tag beginnt trübe und wolkenverhangen. Die Gassen der Altstadt sind menschenleer, viele Läden haben geschlossen; die Seilbahn in den unterhalb des Monte Titano gelegenen Ort Borgo Maggiore hat wegen Wartungsarbeiten ihren Betrieb eingestellt. Nebel ziehen vom Tal hoch und legen sich einem undurchdringlichen Schleier gleich über Burgen und Wege.
Nur vor dem Palazzo Publico bringen die Uniformen der Leibwachen der Capitani Reggenti und des gerade tagenden Parlaments ein wenig Farbe ins Grau. Die Capitani Reggenti sind jeweils zwei für sechs Monate gewählte und kollegial amtierende gleichberechtigte Staatsoberhäupter. Beraten und kontrolliert wird ihre Arbeit von einem eigenen Parlament, dem „Großen und Allgemeinen Rat“, der aus 60 Mitgliedern besteht, die für fünf Jahre gewählt werden. Die Verfassung wurde dem Staatsaufbau der römischen Republik nachempfunden und gilt in ihren Grundzügen seit Beginn des 17. Jahrhunderts.
Die Capitani Reggenti haben unser Interesse geweckt. Bis zur Mittagspause des Parlaments halten wir uns vor dem Palazzo Publico auf, kommen dabei ins Gespräch mit einigen ehemaligen Staatsoberhäuptern und erhalten dabei diverse Autogramme. Der Tag ist dann auch ein gelungener Abschluss unseres dreitägigen Streifzugs in den Mikrostaat.