Eine lange Reise beginnt mit dem ersten Schritt.
(Aus China
Reisejahr 2013 | Lesezeit 7 Minuten
Mongolei – China: Peking (Wanderung im Jiankou-Abschnitt der Großen Mauer) – Nordkorea
Einen Tag später kommt der Zug aus Ulan Bator in Peking an. Hilfreiche Menschen wollen mir sofort ein Taxi für den fünffachen Preis aufschwatzen. Ein wenig später sitze ich in einem Auto, dessen Fahrer den normalen Fahrpreis verlangt. Da ich in einem Hutong (schmale Gassen mit traditionellen Wohnhöfen) übernachte, werde ich am Eingang des Viertels abgesetzt. Freundlich und ohne Worte winken mich die Bewohner zum gebuchten Hostel.
Am nächsten Tag liegt eine dichte Dunstglocke über der Stadt. Praktischerweise sind die Sehenswürdigkeiten gut an das Metronetz angebunden und man entgeht der dicken Luft für eine Weile.
Das olympische Dorf
Das riesige Gelände des olympischen Dorfes ist in dichtes Grau gehüllt. Obwohl einige der gewaltigen Olympiastadien von 2008 zu besichtigen sind, entscheide ich mich nur für den Wasserwürfel. Für 30 Yuan Eintritt gibt es dort diverse Restaurants, das Olympia-Schwimmbecken und eine Schwimmhalle für jedermann zu sehen.
Der Nebel lichtet sich, die Dunkelheit bricht herein. Hungrig fahre ich zur Wangfujing Street. In einer von Touristen überfüllten Seitengasse – der Snack Street – gibt es alles zu kaufen, was an Essbarem in einen chinesischen und meinen Magen passt.
Parks und Gärten
Am nächsten Morgen ist der Himmel blitzblau und die Sonne scheint. Direkt vor dem Hutong liegt der Jianshan Park (Kohlehügel). Früher wurde hier Kohle aufbewahrt, daher der Name. Von der Pagode im Park, die auf einem Hügel steht, gibt es einen wunderbaren Blick über die Verbotene Stadt bis hin zu den Bergen.
Einen Hutong entfernt befindet sich der Behai-Park mit einer runden Stadt, See, Neun-Drachen-Wand und der weithin sichtbaren Weißen Pagode. Nach einem längeren Bummel durch den Garten ist noch Zeit bis zum Einbruch der Dunkelheit übrig, die ich bei einem Spaziergang über die Anlage des Himmelstempels, in der die Kaiser für eine gute Ernte beteten, verbringe.
Am frühen Abend treffe ich eine Freundin, mit der ich weiterreisen werde. Wir versuchen, am Houhai-See essen zu gehen. Restaurant steht neben Restaurant. In jedem spielt eine andere Band, die sich gegenseitig an Lautstärke überbieten. Als wir endlich ein einfaches chinesisches Lokal finden, starren uns am Eingang frittierte Rattenköpfe an.
Aufgeben wollen wir nicht und finden tatsächlich noch einen Imbiss. Die Karte gibt es nur auf Chinesisch, Englisch spricht auch niemand. Die Bedienung nimmt einem Gast vom Nachbartisch die Schale mit der Suppe weg, wir sehen hinein und bestellen sie. Kaum haben wir den ersten Bissen gelöffelt, wird alles um uns herum blitzschnell zusammengeräumt und schon sitzen wir in der zweiten Etage des Bistros. Irgendwas scheint illegal zu sein, aber die Suppe schmeckt.
Den vorerst letzten Tag in Peking verbringen wir in der Verbotenen Stadt und auf dem Platz des Himmlischen Friedens. In der Verbotenen Stadt sind viele chinesische Besucher unterwegs. Hier und da sieht man Männer ungeniert an die Mauern der Paläste urinieren. Auf dem Platz des Himmlischen Friedens ist dagegen weniger los. Das erspart uns viele Fotos für chinesische Familienalben.
Voller Spannung machen wir uns auf den Weg nach Nordkorea …..
…. und sind nach interessanten zwei Wochen wieder zurück in China.
Zwei Tage verbringen wir in Peking, besichtigen den Lamatempel – eine Mischung aus tibetischer Beutekunstausstellung und Mönchen, die als Fotomotive auf Touristen warten – stehen in der riesigen Eingangshalle des Nationalmuseums am Platz des Himmlischen Friedens und durchstreifen das Künstlerviertel 798, ein ehemaliges Industriegelände.
Am dritten Tag treffen wir uns am Busbahnhof mit Peter, einem Guide für die Große Mauer Tour.
Wandern auf dem wilden Teil der Grossen Mauer
Der Bus hält in einem Dorf, das im Jiankou-Abschnitt der Großen Mauer liegt. Von der Haltestelle führt eine staubige Straße zum Fuß des Gebirges, durch das sich der Schutzwall wie ein geschuppter Drache aus weißem Dolomitgestein von Gipfel zu Gipfel windet.
Durch Gestrüpp und Wald führt der Weg aufwärts, bis er vor der acht Meter hohen Mauer endet. Rechter Hand ist eine Lücke. Sie ist die einzige Möglichkeit, um hinauf zu klettern.
Vorsichtig taste ich nach Mulden im Gestein, um mich langsam an der Wand hochzuziehen. Unter meinen Füßen geht es sechs Meter senkrecht in die Tiefe.
Oberhalb eines Überhangs steht ein schmaler Baumstamm. Alle Armkraft zusammennehmend greife ich nach dem Stamm, bekomme ihn zu fassen, ziehe mich über den Felsvorsprung und stehe auf der Grossen Mauer.
Der Blick über die Berge ist fantastisch. Das weithin sichtbare Bollwerk schlängelt sich über Bergrücken und durch das Grün der Landschaft. An vielen Stellen überwuchern Pflanzen die Steine. Da das Innere der zwei begrenzenden Außenmauern mit Lehm, Sand und Schotter aufgefüllt wurde, haben sie genügend Boden zum Wachsen. Peter, der Guide, wirft einen Stein. Es dauert, bis sein Aufschlag zu hören ist.
Im Abstand von einigen Hundert Metern stehen ungefähr 12 Meter hohe Türme, die als Waffenlager und Beobachtungsplätze dienten. Der Wachturm eines Kommandeurs ist deutlich von dem der Soldaten zu unterscheiden: Die Decken sind höher, die Steine glatt geschliffen.
Durch eine Fensterhöhle schweift der Blick auf das endlose helle Band, aus dem die Türme wie kaputte Zähne ragen. Es führt uns abwärts und mit Händen und Füßen aufwärts. Nach einer Stunde endet die Probewanderung und wir beziehen im Gästehaus eines Farmers ein Zimmer mit Dusche. Zur Stärkung gibt es ein reichhaltiges Abendbrot aus eigenem Anbau.
Um 2:30 Uhr klopft Peter an die Tür. In der Stube des Farmers wartet bereits ein üppiges Frühstück. Mit vollem Magen und einem mit Sternen übersäten Himmel über uns stolpern wir schnellen Schrittes Peter hinterher. Zu Beginn der Dämmerung kommen wir an der Mauer an.
Zu meiner Erleichterung lehnt eine Leiter senkrecht an der Wand. Kurz darauf stehen wir in der Nähe eines Wachturms auf dem Wehrgang. Im Turm führt eine halb verfallene Treppe zur Plattform hinauf. Dort oben warten wir fröstelnd auf den Sonnenaufgang.
Unversehens schnellt die Sonne hinter den Bergen hoch und taucht die Umgebung in ein eigentümliches Licht.
Wir machen uns auf den Weg in den zehn Kilometer entfernten, renovierten Mutianyu-Abschnitt. Der Weg ist eine Achterbahn. Stufen, die in den Himmel steigen und auf denen kaum Halt zu finden ist, in die Tiefe fallende Wege, auf denen wir uns von Zinne zu Schießscharte hangeln, die nur eine Armlänge voneinander entfernt sind.
Steil geht es aufwärts zum „Wachturm des hochfliegenden Adlers“, der auf dem höchsten Teil von Jiankou erbaut wurde. Weil Pflanzen ein undurchdringliches Gestrüpp bilden, balancieren wir auf dem Gesims und blicken auf besonders eindrucksvolle Teile der Mauer wie den Pekingknoten, an dem drei verschiedene Abschnitte zusammenlaufen.
Nach gut drei Stunden wandern entdecken wir von einem Wachturm aus eine rote Fahne. Dort beginnt der sanierte Teil der Mauer, der nach Mutianyu führt.
Es ist früh am Tag und so ist dieser touristische Teil des Bauwerks, der hier aus Granit besteht, menschenleer. Steil führen Treppen nach unten und wieder nach oben. Von den rekonstruierten Wachtürmen geht der Blick weit ins Land. Die ersten fliegenden Händler bauen ihre Stände auf. Touristen kommen, schnell wird es voll und laut. Wir beenden die Tour und steigen im Dorf in den Bus nach Peking.
Zurück in Peking
Nach der Rückkehr haben wir zwei weitere Tage Peking vor uns: Wir schlagen uns den Bauch voll mit Peking Ente, drängeln und schieben mit den Chinesen um die Wette über den Platz des Himmlischen Friedens bis zum Mausoleum von Mao Zedong und besuchen den Sommerpalast des Kaisers.
Am Abflugtag liegt dicker Smog über der Stadt. Trotzdem rollt der Flieger pünktlich zur Startbahn, hebt jedoch erst nach vier Stunden in Richtung Deutschland ab.

















