Sag nicht das Erste, was dir einfällt.
(Sprichwort der Massai aus Kenia)
Keinen Freund zu haben, das ist wahre Armut.
(Sprichwort aus Tansania)
Nairobi – Massai Mara (Maji Moto) – Nairobi-Eastleigh – Tansania: Victoriasee – Serengeti – Ngorongoro Krater – Moshi (Fahrradtour) – Nairobi
Visa on Arrival um 3 Uhr in der Frühe auf dem Flughafen von Nairobi? Fehlanzeige. Zum Glück haben wir ein Visum, stehen jedoch vor dem Flughafen und hoffen, dass der Fahrer, mit dem wir uns verabredet haben und der uns zu den Massai nach Maji Moto bringen soll, noch kommt. Natürlich sind sofort Vermittler zur Stelle, die uns für viel Geld weiterhelfen wollen.
Nach einer halben Stunde des Wartens werden wir unruhig. Sollten wir uns diesmal mit den vorab im Internet getroffenen Verabredungen getäuscht haben? Es dauert, bis wir feststellen, dass wir viel zu früh gelandet sind. Ali, unser Fahrer, ist pünktlich.
Vier Stunden dauert die Fahrt nach Maji Moto mit Frühstücksstopp im „besten Hotel von Narok“. Bevor wir im Camp mitten im Busch ankommen, kreuzen bereits Gazellen, Zebras und Affen den Weg.
Maji Moto
Im Camp beziehen wir ein typisches Banda der Massai: eine mit getrocknetem Kuhmist und Lehm verputzte Holzhütte. Im Innenraum stehen drei Holzgestelle, auf denen bequeme Matratzen liegen.
Nach einer Ruhepause erkunden wir die Gegend und wandern in die Loita Hills. „Wollt ihr vor dem Abendessen duschen?“, werden wir nach der Rückkehr gefragt. Das Angebot nehmen wir sehr gerne an. „In zehn Minuten kommt ihr zum Waschhaus, dann haben wir Wasser aus den heißen Quellen geholt.“ Es funktioniert. Mit dem angenehm warmen Wasser lässt sich der Staub der Savanne sehr gut abspülen. Nach einem schmackhaften Abendessen setzen wir uns noch ans Lagerfeuer und hören den Liedern der Massai-Krieger zu.
In der Massai Mara
Nach einem frühmorgendlichen Kriegertraining im Speerwurf sind wir bereit für eine Tour in die Massai Mara, dem kenianischen Teil der Serengeti. Ali ist ein erfahrener Fahrer und kurvt zielsicher durch die Savanne, sodass kaum Fotowünsche offenbleiben.
Rauchschwaden ziehen durch die Luft. Flächen werden gezielt abgebrannt, damit beim nächsten Regen das Gras gut wächst. Direkt am Feuer stehen Störche und warten auf die Grashüpfer, die aus den brennenden Flächen hüpfen.
Gegen Mittag bekommen wir Hunger. Ali hatte am Morgen noch gefragt, ob wir ein Picknick brauchen, und wir hatten abgelehnt: „Ein Massai isst kein Mittag und wir auch nicht.“ Am Fluss Mara gibt es doch noch einen Imbiss. Während wir begleitet von einem Ranger den Fluss ein Stück entlang laufen, baut Ali Tisch und Hocker auf.
Dicht gedrängt liegen die Nilpferde im Fluss. Am anderen Flussufer faulenzt ein Krokodil in der Sonne. Der Ort scheint wunderschön für ein geruhsames Picknick. Kaum steht jedoch der Saft auf dem Tisch, ist ein Affe da und will ihn stibitzen. Ali verjagt ihn. Wir sitzen noch gar nicht, schon ist der Affe im Auto und vergreift sich an unseren Sachen. Wir hatten versehentlich die Fenster nicht komplett verschlossen. Zum Glück entdecken wir den Dieb rechtzeitig und können ihn verjagen.
Auf einem Zeltplatz an der Massai Mara wollen wir übernachten. Ali lässt Ziegenfleisch besorgen und über unserem kleinen Lagerfeuer braten. Die Beilagen zum Abendbrot wie Reis, Chips und Gemüse essen wir vorher im Dorfrestaurant.
Nach einem gelungenen Morning Game Drive geht es nach Nairobi. In einer Raststätte treffen wir einen Massai: „Woher kommt ihr?“ „Aus Maji Moto“, antworten wir. „Dann müsst ihr nächstes Jahr wieder kommen, für eine Woche wandern in den Loita Hills.“ Wir spüren deutlich seinen Stolz und das er Widerspruch nicht duldet.
Klein Mogadischu in Nairobi
Das Hotel in Nairobi befindet sich im Stadtteil Eastleigh, einem Viertel, das mehrheitlich von Einwanderern aus Somalia bewohnt wird und daher den Namen „Klein Mogadischu“ trägt. Die Somalis sind Händler und haben Eastleigh zu einem quirligen Handelszentrum gemacht. In der 1st Avenue, der Hauptstraße des Handelszentrums von Eastleigh, reiht sich Geschäft an Geschäft. Die Kunden kommen teilweise aus Zentralafrika angereist, um sich mit Importprodukten aus aller Welt einzudecken. Selbst Boutiquen aus der Innenstadt kaufen ihre Waren in Eastleigh.
Unsere Unterkunft steht am Übergang vom Geschäftsviertel zum Slum von Eastleigh. „Steigt schnell aus“, drängt Ali. Kaum haben wir das Gepäck genommen, ist er auch schon verschwunden.
In den verbleibenden zwei Stunden bis zur Dämmerung spazieren wir durch das Viertel. Die Spielregeln sind klar – keine Fotos, nur ein Minimum an Geld in der Hosentasche und bei Dunkelheit zurück ins Hotel.
Zwischen Geschäftsviertel und Slum liegt ein gepflegter kleiner Park an einem Fluss, der, obwohl dort viele Abfallbehälter stehen, eine vermüllte Brühe ist. Das frische Grün des Rasens leuchtet surreal zwischen den verschlammten Wegen und Straßen. Statt der teuren Geschäften gibt es einfache Läden, aus Designerwaren werden Second Hand Artikel, neben Weihrauch gibt es Khat.
Die dominierenden Farben des Viertels sind jetzt schwarz und grau. Einzig die farbenfrohen Kleider der Frauen leuchten bunt. Ein Blick in die von der Hauptstraße abzweigenden Gassen geht ebenfalls ins Graue und Schwarze.
Die Hütten sind schief und stützen sich gegenseitig. Dazwischen gibt es schmale Durchgänge zur Hütte dahinter. Davor waschen Frauen Wäsche, wird Fisch oder Teig in Fett gebacken und verkauft. Die Blicke, die unsere kreuzen, sind misstrauisch oder erstaunt.
An der Hauptstraße stehen wenige kleine Restaurants. Drinnen sitzen ausschließlich Männer. Zum Glück wird die Straße gesäumt von Grillständen, an denen es Fleisch, Mais und mit Chilipulver bestreute Süßkartoffeln gibt. Bevor wir sie kaufen, sollen wir unbedingt probieren. Eine Unterhaltung beginnt. Das lockert die düstere Atmosphäre und die Mienen auf. Plötzlich schütteln Kinder unsere Hände, Erwachsene grüßen kurz.
Mit Beginn der Dämmerung wird das Viertel immer unsichtbarer. Offene Feuer leuchten in der Dunkelheit. Wir eilen schnellen Fusses ins Hotel zurück.
Tansania
In der Regenzeit ist es schwierig, von der Massai Mara an den Victoriasee in Tansania zu reisen. Der Busverkehr ist wegen der schlechten Straßenverhältnisse eingestellt und so bleibt nur ein Flug über Moshi (Kilimandscharo) nach Mwanza.
Eine Propellermaschine bringt uns von Nairobi nach Moshi. Eine Stunde haben wir Zeit, um den Anschlussflug nach Mwanza zu erreichen. Zu unserem Ärger wurde das Gepäck jedoch nicht durchgecheckt und wir müssen erst in Tansania einreisen, das Gepäck holen und uns anschließend in die Warteschlange vor dem Flughafengebäude einreihen.
Wenigstens bekommen wir anstandslos Tickets für die nächste Maschine nach Mwanza. Dort steigen wir in ein Taxi und fahren weiter zum Busbahnhof. Der Linienbus Richtung Victoriasee steht bereit und ist bis auf drei Plätze in der hintersten Reihe besetzt. Trotzdem sollen wir unbedingt einsteigen. „Ihr müsst mitfahren. Wir haben nur selten solche Gäste.“ Dafür müssen zwei Männer ihre Sitze in der Mitte des Busses räumen und sich auf die hinterste Bank klemmen.
Afrikanische Musik dröhnt durch den Bus. Ein Prediger übertönt die Musik mit einer 45-minütigen Predigt. Halleluja. Zwei Stunden später steigen wir an einem Abzweig zum See aus, nicht ohne von einigen Männern unangenehm angemacht zu werden.
Am Victoriasee
Am Victoriasee, dem größten See Afrikas, entspannen wir in einer hübschen Hütte am Wasser, werden von Einheimischen zu einem Fischerdorf gepaddelt und mieten ein Fahrrad, um über die Dörfer zu radeln. Massiv gebaute Hütten stehen zwischen Feldern, auf denen Bananen, Zuckerrohr, Papaya, Kartoffeln und mehr wachsen. Die Bewohner können sich selbst versorgen, manchmal tauschen sie im nahe gelegenen Fischerdorf Früchte gegen Fisch.
In die Serengeti
Vom Victoriasee wollen wir zu einer Tour in die Serengeti starten. „Das schafft ihr nicht. Alle Touranbieter sitzen in Moshi und Arusha und wegen der schlechten Piste fährt keiner hoch zum Victoriasee, um dort Leute abzuholen. Es sei denn, ihr zahlt ein Vermögen“, kopfschüttelnd sieht uns der Vermieter der Hütte an. Wir zahlen kein Vermögen und haben trotzdem im Internet eine Agentur gefunden. Mit ein wenig Bangen hoffen wir, dass auch wirklich jemand kommt.
Gaspar, der Fahrer durch die Serengeti steht pünktlich mit dem Auto vor der Tür. Durch den West Corridor bringt er uns kreuz und quer bis zum im Nordosten gelegenen Ikoma Gate.
Leichter Dauerregen geht über der Serengeti nieder. Zebras und Giraffen ziehen durch das Gras, Affen sitzen mit ihren Babys auf den Ästen eines Baumes, Aasgeier zanken sich um Fleischreste, eine Löwin liegt im Gras.
Drei Kilometer vom Gate entfernt, übernachten wir in einer herrlichen Lodge. Dank Regenzeit erhalten wir überall in den Lodges ein Zimmer zum Preis einer Zeltübernachtung.
Gaspar ist ein sehr versierter Fahrer. Ein Stopp, ein Blick auf die weite und nahe Umgebung, eine scharfe Kurve und schon stehen wir Herden mit Jungtieren gegenüber. Besonders eindrucksvoll ist das Zusammentreffen mit einer Elefantenfamilie. Ein ganz junger Elefant wälzt sich im Schlamm und umklammert den Stoßzahn seiner Mutter. Derweil behält uns ein Elefant im Auge. Er ist so nah, dass wir seine Wimpern erkennen.
Als am Horizont eine endlos scheinende Gnuherde entlang zieht, bekommen wir noch einen Eindruck von der „Großen Migration“.
Der nächste Tag beginnt mit Regen. Das Auto rutscht über die schlammigen Pisten. Plötzlich stoppt Gaspar. Ein Gnu grast in der Steppe, als sich ein Gepard anschleicht. Er fängt es, sie kämpfen, das Gnu schafft es, sich zu befreien, und läuft weg. Der Gepard gibt auf.
Im Ngorongoro Krater
Wie ein riesiges Amphitheater erstreckt sich der Ngorongoro Krater in der Savanne. Großwildtiere wie Löwen, Elefanten, Büffel, Zebras, Gnus und Giraffen leben hier.
Ein Löwenrudel lässt sich gerade einen erbeuteten Büffel schmecken. Vollgefressen legen sich die Löwinnen in den Schatten der parkenden Autos. Eine Löwin, die nicht von der Beute lassen will, wird von Hyänen eingekreist. Als sich genügend Hyänen gesammelt haben, greifen sie von allen Seiten an. Die Löwin versucht die Beute zu verteidigen, überlässt sie jedoch nach kurzem Fauchen den Hyänen.
Die Piste vom Kraterboden zum Kraterrand schlängelt sich durch sattes Grün. Am Rande des Kraters steht ein Pyramidenförmiges Grabmal, die Ruhestätte von Michael Grzimek und Bernhard Grzimek.
Überlandfahrt nach Moshi
Mit Gaspar ist vereinbart, dass er uns am Morgen in das drei Stunden entfernte Arusha bringt und wir dort in einen Bus umsteigen, um nach Moshi zu gelangen. Nach kurzer Autofahrt ist Schluss. Am Lake Manyara ist die einzige Brücke von einer Steinlawine, die sich nachts vom Ngorongoro Krater gelöst hat, verschüttet worden. Eine breite Schneise der Verwüstung zieht sich durch die Landschaft. Die Hütten am Eingang zum Naturpark Manyara liegen unter Felsbrocken begraben, der Fluss ist nicht mehr in seinem Flussbett sondern fließt ins Dorf. Nach zwei Stunden des Wartens kommen zwei Bagger und bringen in den folgenden fünf Stunden den Fluss in sein altes Bett zurück, räumen die Brücke und schieben alles soweit zusammen, dass Autos wieder fahren können.
Unser Vorhaben von Arusha nach Moshi mit dem Bus zu fahren ist nur noch Makulatur. Gasper holt zwar alles aus dem Auto raus, trotzdem erreichen wir Arusha erst gegen 17 Uhr. Zu spät, um sicher vor der Dunkelheit nach Moshi zu kommen. Auch Gaspers Chef ist das zu unsicher und er bietet uns an, dass Gasper uns für wenig mehr als das Spritgeld nach Moshi fährt. Das Angebot nehmen wir dankbar an.
Radtour am Kilimandscharo
Von Moshi aus starten wir eine dreitägige Radtour mit Guide und Koch über die Dörfer am Kilimandscharo.
Scharfe Kanten, tiefe Kuhlen, Schlammlöcher: Die Wege, die quer durch Dörfer, über Felder und durch Plantagen am Fuß des Kilimandscharo führen, lassen uns auf den Rädern rutschen und schwitzen. Nach 30 Minuten gibt es nichts mehr an uns, was noch trocken wäre. Dabei ist der Himmel bewölkt. Selten ist ein himmelblaues Sonnenloch zu sehen.
Auf den Feldern wird hauptsächlich Mais angebaut. Es sind große Flächen, die von mehreren Familien bewirtschaftet werden. Daneben stehen Bananenplantagen. Im Schatten der Bananen wachsen Kaffee und Tomaten. Die Hütten der Besitzer stehen mittendrin.
Die Leute reagieren sehr unterschiedlich auf uns. Einige grüßen, andere sind misstrauisch oder ignorierend. Für die Kinder sind wir die Überraschung des Tages. Während einer Pause in einer Bananenplantage sammeln sie sich in einiger Entfernung und beobachten uns. „Wazungu“: Weiße, rufen sie. Ein Ruf, der uns den ganzen Tag lang begleitet. Am frühen Nachmittag erreichen wir das Ziel des Tages, unser Zelt, das in einem Dorf in einem Garten steht.
Unser Ziel am nächsten Tag ist das Machame-Gate. Die Machame Route ist eine von sechs Routen, die auf den Kilimandscharo führen. In der Nacht hat es geregnet, die Räder rutschen im Schlamm immer wieder weg. Steil geht es bergauf. Den letzten Kilometer zum Gate legen wir Rad schiebend zurück. Die grauen Wolken kommen näher, es wird kälter und wir fangen an zu frieren. Vom Kilimandscharo ist nichts zu sehen. Dafür haben wir einen beeindruckenden Blick ins Tal: Hänge, die an Brokkoli erinnern, durchbrochen von Dächern; hier und da ist eine Satellitenschüssel zu sehen.
Leicht frierend erreichen wir das Gate. Außer dem Hüter des Tores ist niemand da. Nach einer kurzen Pause machen wir uns startklar zur Abfahrt. In rasantem Tempo geht es abwärts. Mit meinem Mut geht es ebenso schnell bergab. Die Bremsen quietschen, das Vorderrad flattert, Schotter fliegt um die Beine, der Fahrtwind ist eisig. In Gedanken zähle ich die Knochen, die bei einem Sturz ganz bleiben könnten.
Alles geht gut. Weiter geht es über die Dörfer. Die Wege führen über Brücken aus einfachen Holzbohlen die kippeln, wenn sie betreten werden. Abwärts, über Steine, Löcher, Kanten wird jeder Körperzentimeter durchgeschüttelt und braucht es viel Aufmerksamkeit, um nicht über den Lenker abzusteigen. „Deutsche Welle“ schallt es durch die Bananenstauden. Ist ein Friseur in der Nähe ist auch Partymusik zu hören.
Eine letzte Nacht zelten wir in einem Garten, dann strampeln wir zurück nach Moshi und rühren uns bis zur morgigen Abreise nach Kenia nicht mehr vom Fleck.
Zurück nach Nairobi
Nach Nairobi gibt es von Moshi aus eine Expressbusverbindung, die offensichtlich auch als Gefangenentransport genutzt wird. Ein Mann in Handschellen und mit drei Mann Bewachung steigt ein. An der Grenze zu Kenia müssen alle aussteigen. Die Aus- und Einreiseformalitäten sind schnell erledigt, der Gefangene reist nicht mehr im Bus mit.
Eine Nacht verbringen wir noch in Nairobi und werden am frühen Morgen von zwei Hotelangestellten, die sehr um unsere Sicherheit besorgt sind, zum Flughafen gebracht.