Uruguay

Geschicklichkeit ist besser als Kraft.
(Aus Uruguay)

Reisejahr 2015

Paraguay – Tacuarembó – San Gregorio de Polanco – Punta del Este – Cabo PolonioMontevideo

Auch in Salto überbrücken wir die Wartezeit auf den Bus nach Tacuarembó mit einem Bummel durch die Innenstadt.

Leben auf der Estanzia

Pedro, der Besitzer der Estanzia, erwartet uns bereits in Tacuarembó. 17 Fahrkilometer durch die Pampa liegt seine Farm von der Stadt entfernt. Dort bereitet uns Nahir (Pedros Frau) einen herzlichen Empfang. Durch die Küche, in deren Kochherd ein Holzfeuer brennt, betreten wir das Haus. Von den fünf Zimmern sind zwei für Gäste eingerichtet. Im Wohnzimmer steht das Abendbrot bereits auf dem Tisch. Wir lassen uns die selbst gemachte Chorizo und den Kartoffelauflauf schmecken, hören den Erzählungen über das Leben auf der Estanzia zu; schmunzeln zu Anekdoten aus früheren Zeiten, als es noch keine Telefone gab und Nachrichten wie „Ich komme heute Abend nach Hause, mach das Feuer an“ im Radio übertragen wurden.

Nach einem Frühstück mit ausschließlich selbst hergestellten Köstlichkeiten starten wir zu einem Ausritt über den Campo. Die Pferde warten bereits vor dem Haus. Im gemütlichem Gang reiten wir über das Gelände. Pedro erzählt, dass er eine vergleichsweise kleine Farm hat: 200 Kühe, 300 Schafe, 60 Pferde und ein paar Esel. Von den Kühen erwarten einige in den kommenden Tagen ihren Nachwuchs.

Estancia-in-Uruguay
Wohnhaus
Der Versuch eine Kuh zu melken
Der Versuch eine Kuh zu melken

Mittags wird am Tisch unter dem Vordach des Hauses gegessen. Danach ist für drei Stunden Siesta. Zwischen den Bäumen im Garten sind Hängematten befestigt. Leicht schaukelnd genießen wir den Tag, ab und an schaut eines der Pferde vorbei, die Hunde machen es sich unter den Hängematten bequem. Während Pedro schläft und wir in den Matten schaukeln, spült Nahir das Geschirr. Das heiße Wasser bekommt sie über einen Wasserbehälter, der über einer Feuerstelle außerhalb des Hauses aufgeheizt wird.

Um 16 Uhr ist die Siesta vorbei, die Pferde warten schon, wir reiten los. Pedro hat ein Lasso am Sattel hängen. Wir wollen nach seinen Schafen sehen. Ist ein krankes Tier dabei, wird es eingefangen und mitgenommen. Gegen 18 Uhr sind wir zurück, bekommen Kaffee und Kuchen serviert, zwei Stunden später ein reichhaltiges warmes Abendessen. In der Zwischenzeit sitzen Pedro und Nahir zusammen, trinken Mate und unterhalten sich. Wir setzen uns zu ihnen, trinken ebenfalls Mate und hören zu.

Mittlerweile ist es dunkel geworden, der sternenübersäte Himmel leuchtet hell, ein rot glühender Mond geht am Horizont auf und verblasst, je weiter er emporsteigt.

Der Tagesablauf auf der Estanzia ist immer gleichbleibend. Nach dem Frühstück wird quer über den Campo geritten. Heute treibt Pedro mithilfe der Nachbarn die Schafe auf eine andere Weidefläche. Wir traben in Ruhe hinterher. Zum Mittag sind wir zurück, halten drei Stunden Siesta in der Hängematte und reiten erneut los. Diesmal treiben wir Kühe und Schafe in ein Gatter. Während die Schafe in Ruhe vor den Pferden hertrotten, fühlen sich die Kühe, die teilweise Kälber haben, von den Hunden, die mit dabei sind, angegriffen und verteidigten ihren Nachwuchs.

Die Schafe werden auf eine andere Weide getrieben
Die Schafe werden auf eine andere Weide getrieben
Siesta in der Hängematte in Uruguay
Siesta in der Hängematte

Zum Schluss sehen wir nach den restlichen Kühen. Eine liegt krank an einem Wasserloch und soll später versorgt werden. Am Kuhfriedhof vorbei reiten wir zurück zur Estanzia. Dort stehen Kaffee und Kuchen bereit, zwei Stunden später gibt es das Abendessen.

Am nächsten Tag reiten wir ein letztes Mal über das weite Land. An einem kleinen Staudamm zieht Pedro einen wütend fauchenden Nutria zwischen den Steinen hervor, zeigt ihn uns und setzt ihn zurück. Nahir hat noch einmal Mittag gekocht und um 13 Uhr bringt uns Pedro zum Bus in Richtung San Gregorio de Polanco.

San Gregorio de Polanco: farbenfrohe Stadt in der Pampa

Die Straße nach San Gregorio de Polanco, das am Rio Negro liegt, führt durch triste Dörfer und Steppe. Das Pampastädtchen ist bekannt für seine mit Gemälden verzierten Hausfassaden. Bis zur Dämmerung streifen wir durch den Ort und verbringen den Sonnenuntergang am Fluss. Im Hostel findet abends noch ein Familientreffen statt. Ein frisch geschlachtetes Lamm landet auf dem Grill. Es gibt Bier, Eis und lange Gespräche.

Bunte Hausfassaden in San Gregorio de Polanco in Uruguay
Bunte Hausfassaden in San Gregorio de Polanco
Bunte Hausfassaden in San Gregorio de Polanco in Uruguay
Bunte Hausfassaden in San Gregorio de Polanco

In den nächsten Tag starten wir mit einem morgendlichen Spaziergang am kilometerlangen, menschenleeren Strand entlang. Anschließend bummeln wir ein weiteres Mal durch das Städtchen und warten danach im Hostel auf das Herannahen der Abfahrtzeit des Busses nach Punta del Este.

Aus der Pampa an die Küste

Verfallende Dörfer und Steppe ziehen am Fenster vorbei. Je mehr wir uns dem Atlantik nähern, desto grüner wird die Landschaft. Am Abend erreichen wir Punta del Este. Dunkel liegt die Stadt vor uns. In den vielen Appartementhäusern brennt selten ein Licht in einer der Wohnungen. Eine Geisterstadt. Mittendrin steht eines der wenigen alten Häuser: das Hostel. Dort erfahren wir, dass die Quartiere in den Hochhäusern Eigentumswohnungen sind, die zu 70 Prozent reichen Argentiniern gehören, die dort nicht leben.

Zweimal am Tag gibt es eine Busverbindung in das in einem Nationalpark gelegene Cabo Polonio. Wir entscheiden uns für den Nachmittagsbus und besichtigen Punta del Este: Hochhäuser, soweit das Auge reicht, ein Hafen, Strand, ein kleines Villenviertel. Leute treffen wir selten. Jedes Pampadorf hatte bisher mehr Flair gehabt.

Fingerskulptur am Strand von Punta del Este
Fingerskulptur am Strand von Punta del Este
Punta del Este
Punta del Este

Der Magen knurrt. Nach langem Suchen finden wir ein Restaurant mit akzeptablen Preisen: Eine Pizza ist bereits für 12 Euro, statt der überall geforderten 30 Euro, zu haben.

Um 17 Uhr fährt der Bus ab. Bis wir am Umsteigeort Castello sind, ist der letzte Bus in den Nationalpark bereits weg. Mit einem Taxi erreichen wir kurz nach 20 Uhr den Eingang zum Park. Zu spät. Das letzte Fahrzeug in das Dorf an der Küste ist um 20 Uhr abgefahren.

Im Aussteigerparadies

Cabo Polonio ist weder an das Straßennetz noch an die öffentliche Versorgung mit Elektrizität und Wasser angeschlossen. Nur spezielle Allradfahrzeuge mit Sondergenehmigung fahren mehrmals am Tag vom Eingang des Naturparks zum Dorf. Ein Anwohner bietet an, uns gegen einen „kleinen“ Aufpreis von 1500 Pesos (53 Euro) mit seinem Auto zur Küste zu bringen. Der Normalpreis beträgt 3 Euro.

Wir beschließen, die sieben Kilometer zu laufen. Es gibt ohnehin nur einen Weg und eine Taschenlampe haben wir im Gepäck. Die ersten hundert Meter lassen sich gut auf dem festgefahrenen Boden gehen. Dann stehen wir plötzlich im weichen Dünensand und sinken immer tiefer ein. Ab und an liegt ein Skorpion im Weg. Die Schuhe landen trotzdem im Rucksack. Nach vier Kilometern brauchen wir eine Pause. Immerhin sehen wir bereits den Leuchtturm und hören die Brandung.

Eine Stunde später haben wir den Strand erreicht. Vom Dorf ist in der Dunkelheit nichts zu sehen. Wir laufen auf den Leuchtturm zu. Hier und da tauchen kleine Häuschen in den Dünen auf. Ein Mann kreuzt unseren Weg und zeigt uns den Trampelpfad, der zum Hostel führt. Nach ein paar Metern stehen wir tatsächlich vor einer Hütte, in der ein Licht brennt.

Für ein Abendessen machen wir uns auf die Suche nach einer Strandbar, stolpern durch die Dünen und folgen laut tönender Musik und dem Geruch von Marihuana. Zielsicher erreichen wir eine gut besuchte Bar, bekommen ein ausgezeichnetes Essen serviert und kehren satt und müde zurück zum Hostel.

Cabo Polonio besteht einerseits aus einfachen Holzhäusern und andererseits aus massiven Häuschen von Betuchten, die sie für viel Geld vermieten. Unweit vom Ort gibt es bis zu 50 Meter hohe Wanderdünen mit einem tollen Blick über die Atlantikküste. Den Abend verbringen wir am Strand und sehen den sich brechenden Wellen mit ihren fluoreszierenden Schaumkronen zu.

Strand bei Cabo Polonio in Uruguay
Strand bei Cabo Polonio
Haus in Cabo Polonio
Haus in Cabo Polonio

Für die Abreise nutzen wir den „Bus“, ein Truck mit offener Ladefläche, steigen in Rocha um, und erreichen am Abend Montevideo. Dort können wir gerade noch Wasser kaufen, dann werden die Bürgersteige hochgeklappt. Es ist 20 Uhr.

Montevideo und Colonia del Sacramento

Einen Tagesausflug von Montevideo entfernt liegt Colonia del Sacramento, die älteste Stadt Uruguays, deren Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Wir bummeln über kopfsteingepflasterte Gassen, erfreuen uns an den hübsch restaurierten alten Häusern, spazieren zum alten Stadttor, zur Bastion und zum Leuchtturm, von dem es einen herrlichen Blick über die Stadt gibt.

In den Gassen von Colonia del Sacramento
In den Gassen von Colonia del Sacramento
Oldtimer in einer Gasse
Oldtimer in einer Gasse

Den letzten Urlaubstag verbringen wir in Montevideo, laufen zur Mole, zum Hafen, vorbei am höchsten Wohnhaus und Wahrzeichen der Stadt, dem Palacio Salvo, bummeln durch alte Gassen mit ihrem morbiden Charme, besichtigen die Kathedrale, gehen in die ehemalige Markthalle am Hafen, in der sich ausschließlich Grillrestaurants befinden, weiter zum Parlamentsgebäude, an dessen neoklassizistischer Fassade der Zahn der Zeit nagt und vorbei am imposanten Gebäude des ehemaligen Hauptbahnhofes Estación Central General Artigas. Abschließend gehen wir ein letztes Mal in unsere Lieblingskonditorei, dann ist es auch schon Zeit, zum Flughafen zu fahren.

Ehemaliger Hauptbahnhof Central General Artigas
Ehemaliger Hauptbahnhof Central General Artigas
Altes Stadttor von Montevideo
Altes Stadttor

Das Flughafengebäude erinnert durch sein geschwungenes Dach an die „Schwangere Auster“ in Berlin. Die Abläufe sind effizient organisiert und gegen eine eventuell aufkommende Langeweile gibt es eine kleine Ausstellung zur uruguayischen Luftfahrtgeschichte.

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